allo du da, bist du auch Lidar-Enthusiast? Oder interessierst du dich für Festungen, militärische Stellungen, alte Straßen und sonstige historische Bodenrelikte? Wenn ja, dann bleib hier und lies weiter! In diesem Beitrag möchte ich dir die sensationelle Software planlauf/TERRAIN vorstellen, die du mit großer Sicherheit noch nicht kennst. Wenn nicht, dann lies dir meinen Beitrag zu Lidar durch, schau dir die Bilder an – und dann klopft dein Herz hoffentlich auch :D
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Lidar-Daten sind geil! Sie verwandeln das Gelände in ein offenes Buch und zeigen Bodenrelikte, die wir sonst niemals sehen würden. Hohlwege im Wald, aber auch alte Höhenfestungen, Schützengräben aus dem Weltkrieg, Bombentrichter, keltische Wälle und viel mehr.
Lidar-Geländemodelle für unterwegs
Und nun halt dich fest: planlauf/TERRAIN ist speziell für den Außeneinsatz konzipiert! Die Software zeigt auf einfachen Tablets voll aufgelöste Geländemodelle an. Du kannst sie mit den Fingern drehen und zoomen – und das beste ist: Die Software zeigt deine derzeitige Position direkt im Modell mit an (wenn das Tablet einen GPS-Empfänger hat bzw. du einen externen Empfänger verwendest). Du siehst also, wo du dich gerade befindest und kannst so ganz gezielt interessante Punkte im Gelände ansteuern. Wenn du das möchtest, kannst du deine Route auch mittracken und später als GPX/KML exportieren.
Außerdem kannst du in planlauf/TERRAIN ganz einfach vorab Routen einzeichnen oder GPX/KML-Routen importieren, die du dann abläufst – und du siehst schon im Voraus, welche Anstiege wann zu erwarten sind und wie lang die Route ist. Im Grunde genommen bietet planlauf/TERRAIN also eine komplette Geländeanalyse für unterwegs an. Dafür hätte ich, als ich vor wenigen Wochen noch eine römische Straße im Wald gesucht habe, gemordet!
Natürlich kannst du die Software auch auf dem Windows-Rechner zu Hause nutzen, aber ihr volles Potential schöpfst du aus, wenn du damit unterwegs bist. Am PC zu Hause lädst du die benötigten Lidar-Daten herunter und bereitest sie für die Nutzung auf dem Tablet vor.
In diesem Beitrag möchte ich dir die Software ein wenig vorstellen. Erwarte keine Anleitung – es gibt bereits ziemlich gute englischsprachige Video-Tutorials des Entwicklers.
Los geht’s mit einem Video über planlauf/TERRAIN – sowohl indoor am PC als auch outdoor mit dem Tablet :D
Software-Entwickler aus Leidenschaft
Vor zwei Wochen hatten Pierre und ich die tolle Gelegenheit, Rouven Meidlinger, den Entwickler von planlauf/TERRAIN und Geschäftsführer der Firma Planlauf, und Julia, seine Partnerin, in der Eifel in Nordrhein-Westfalen zu treffen. Rouven und Julia zeigten uns die Funktionen von planlauf/TERRAIN direkt im Gelände und beantworteten unsere vielen dummen Fragen. Meiner Meinung nach gehört planlauf/TERRAIN mit mehreren Lizenzen an jedes archäologische Institut. Eine bessere Möglichkeit, Surveys zu unterstützen, gibt es nicht.
Die Software stellt nicht nur Lidar-Daten dar – sogar unterwegs! -, sondern es gibt auch ziemlich viele Visualisierungsoptionen. Es gibt Routen-„Fly overs“, „Look arounds“ um gesetzte Pins und du kannst im Grunde alles beschriften. Auch Screenshots direkt aus dem Programm heraus sind möglich – und wenn du unterwegs mit dem Tablet ein Fotos machst, dann ist es nicht nur ordentlich ge-geo-tagged, sondern bekommt auch gleich einen Lidar-Ausschnitt dazu spendiert.
Das volle Lidar-Programm – für manche
Lidar-Daten in voller DGM1-Auflösung verwandeln die Landschaft in ein offenes Buch. Diese Daten sind in vielen Länder bereits kostenlos für die Öffentlichkeit verfügbar und können damit in planlauf/TERRAIN importiert und verwendet werden.
Du gehörst zu den Glücklichen, wenn du dich für Lidar-Daten aus diesen deutschsprachigen Ländern interessierst:
- Österreich
- Schweiz
- Deutschland
- Nordrhein-Westfalen
- Thüringen
- Berlin
- Hamburg
- Hannover
Eine aktuelle Liste mit den vorhandenen Lidar-Datensätzen gibt es auf der Website von planlauf/TERRAIN.
Während viele andere Länder weltweit die Daten kostenlos zur Verfügung stellen, mauert Deutschland damit also noch. Nur wenige Bundesländer stellen die Lidar-Rohdaten ohne Einschränkungen und kostenfrei zur Verfügung. Gehörst du zum bedauernswerten Rest, wie ich auch, dann schau weiter unten – Rouven Meidlinger hat auch für uns eine improvisierte Lösung :D
Arbeit mit Lidar-Daten
planlauf/TERRAIN und dessen Nutzen steht und fällt mit den verfügbaren Lidar-Daten. Der Einstieg in die Arbeit mit Lidar-Rohdaten ist für den Laien nicht ganz so einfach – du wirst mit vielen Begriffen, Abkürzungen und Dateiformaten konfrontiert, unter denen du dir erstmal nicht viel vorstellen kannst. Aber das legt sich mit der Zeit. Also: Learning by doing! Ein ziemlich gutes Einstiegstutorial (hier ganz unten) erklärt alles vom Download der Software, über die Einrichtung bis hin zu den wichtigsten Funktionen (auf englisch).
Zum Testen habe ich mir auf der Website des Regierungsbezirks Köln Daten des Wohnortes meiner Oma in NRW heruntergeladen. Auf der Seite scrollst du runter bis zum Abschnitt „Online-Abruf“. Dort kommst du direkt zum Download-Server der bereitgestellten Daten. DGM1 ist etwas ungenauer als DGM1L, aber selbst die DGM1-Zip-Dateien sind schon bis über 1GB groß, die DGM1L-Daten bringen locker mehrere GB auf die Waage.
Nach dem Download der Zip-Datei musst du die Daten entpacken und kannst sie dann in planlauf/TERRAIN importieren.
Lidar-Daten sind 3D-Modelle
Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass Lidar-Ansichten ganz normale Karten sind. Das sind sie nicht – wie der Name DGM, digitales Geländemodell, schon sagt, sind es dreidimensionale Modelle. Sie bestehen aus Punkten, die zu Flächen verbunden werden. Jeder Punkt ist ein Lidar-Messpunkt, der zweidimensional einer X- und Y-Koordinate auf dem Globus zugeordnet ist und außerdem eine Z-Koordinate für den Höhenwert hat. Deswegen haben die Rohdaten auch die Dateiendung .XYZ.
Da ich selbst 3D-Modelle mit Blender erstelle, kenne ich das Prinzip ganz gut. Millionen Messpunkte, im 3D-Bereich „Vertices“ genannt, ergeben verbunden das Modell, ein sogenanntes Mesh. Wenn du dich für 3D-Modellierungsgrundlagen interessierst, kannst du hier mehr über Vertices und Meshes nachlesen :D
Mesh Decimation
DGM1-Modelle enthalten pro Quadratmeter mehrere einzelne Messpunkte. Je größer also das vermessene Gebiet, desto mehr Vertices kommen zusammen und ein Mesh, das mehrere Quadratkilometer abdeckt, enthält am Ende viele Millionen Punkte. Das macht ein solches DGM vor allem auf leistungsschwachen Tablets ziemlich unhandlich. Deswegen verringert planlauf/TERRAIN die Menge an Vertices beim Import der Messdaten (Mesh Decimation).
Das verringert zwar theoretisch wieder die Auflösung der Daten, aber planlauf/TERRAIN projiziert beim Import die volle Auflösung der Daten auf eine Normal Map, die auf dem Modell angezeigt wird und sozusagen das Vorhandensein aller Daten für den Betrachter simuliert.
Dadurch wird das eigentliche Mesh deutlich verkleinert und kann damit auch auf rechenschwachen Tablets verwendet werden.
Planlauf bietet einen kostenpflichtigen Mesh Decimation Service an, über den du deine gewünschten Kartenbereiche direkt als fertiges, dezimiertes Mesh bestellen kannst. Das spart dir den Download und die Umrechnung der Rohdaten und damit auch Zeit.
Map Extractor für alle ohne Lidar-Daten
„Und was mach ich, wenn mein Bundesland die Daten nicht zur Verfügung stellt?“, könntest du zurecht fragen. Damit bist du nicht allein – aber Rouven hatte Mitleid und entwickelte für uns das kostenlose Tool „Map Extractor“ (Download hier).
Viele Bundesländer bieten zwar ihre schicken Lidar-Daten nicht an, betreiben aber wenigstens ein Geoportal/Bodenviewer, mit dem man die Daten in reduzierter Auflösung unkompliziert anschauen kann. Eine Liste dieser Portale findest du in meinem Lidar-Beitrag.
Diese Portale sind ein nettes Feature, aber wir können damit natürlich nicht so viel anfangen und es fehlen jegliche Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung: Nur anschauen, nicht anfassen! So könnten wir die Reliefansicht zwar im Felde auf einem Tablet aufrufen (falls das Netz uns nicht im Stich lässt), aber unser eigener Standort wird dann natürlich nicht angezeigt.
Map Extractor fotografiert die Reliefdaten aus den Portalen sozusagen ab und versieht sie mit den korrekten Koordinaten. Das ist mit etwas Fleißarbeit verbunden, funktioniert aber ganz gut (und auf diese geniale Idee muss man erstmal kommen!).
Dann legt planlauf/TERRAIN den georeferenzierten Map Extractor-Screenshot in auf ein tatsächlich frei verfügbares, aber sehr grobe 30m-Modell. Für Map Extractor und den Import hat planlauf/TERRAIN auch ein Schritt für Schritt-Tutorial online gestellt (auf englisch).
Das bedeutet ein wenig Gefummel und das Relief ist natürlich nicht so gut aufgelöst wie die DGM1-Daten, aber für alle ohne die „guten“ Daten ist es die effektivste Möglichkeit, mit Lidar-Daten zu arbeiten. Statt eines nicht verwertbaren Geländereliefs in einem Map Viewer hast du dann ein echtes skalier- und rotierbares grobes Geländemodell mit recht feiner Relief-Textur.
Voraussetzungen für planlauf/TERRAIN
Hier gibt es ein paar gute und ein paar schlechte Nachrichten für dich. Vorab sei gesagt, dass als Sprache sowohl für das Interface als auch in der Dokumentation und den Tutorials ausschließlich Englisch verfügbar ist. Ohne Englischkenntnisse wirst du also nicht allzuweit kommen.
Unterstützte Geräte
planlauf/TERRAIN läuft ausschließlich auf Windows 7 bis 10. Wenn du die Lidar-Daten unterwegs dabei haben willst, dann brauchst du ein Windows-Tablet, und die sind nunmal nicht so verbreitet.
Die gute Nachricht: Die Software ist extrem ressourcenschonend und belegt unter 20 MB Speicherplatz. Sie läuft zur Not auch mit nur 1 GB Arbeitsspeicher und der Prozessor muss nur 1 GHz Taktgeschwindigkeit aufbringen. Da sind Mittelklasse-Smartphones heutzutage schon besser ausgerüstet. Mit anderen Worten: Ein solches Tablet kostet nicht die Welt und du brauchst auch nicht die aktuelle Modellreihe. Das Tablet aus dem Video ist ein Dell Venue 8 Pro aus dem Jahre 2014 (zusammen mit einem externen GPS-Empfänger von Navilock).
Ich weiß nicht, wie praktikabel das ist, aber theoretisch könntest du dich auch mit einem Laptop auf die Socken machen. Macht nicht so viel Spaß, so ein Teil vor sich herzutragen und der Akku hält auch nicht so lange – aber wenn du keinen Tagesmarsch vor dir hast, könnte das zur Not machbar sein. Für’s GPS-Tracking brauchst du dann aber auch einen externen GPS-Empfänger. Also läuft es zusammenfassend wohl doch eher auf ein günstiges Windows-Tablet hinaus :D
Lizenzierung der Software
planlauf/TERRAIN kostet für Privatanwender, Schulen und für Forschungszwecke 79 €, für die kommerzielle Nutzung ist sie teurer.
Davor gibt es aber einen kostenlosen Testmonat, während dem du alle Features uneingeschränkt nutzen kannst. Nach Ablauf der 30 Tage werden ein paar Funktionen abgeschaltet, etwa die Importmöglichkeit von Rohdaten. Trotzdem darfst du planlauf/TERRAIN weiternutzen. Auch der Mesh Decimation-Service steht dir (kostenpflichtig) zur Verfügung.
planlauf/TERRAIN begeistert!
Lidar hat keine allzu große Zielgruppe. Dementsprechend kompliziert ist auch der Umgang mit diesen Daten. In der Regel werden professionelle Kenntnisse vorausgesetzt. Mit planlauf/TERRAIN gibt es aber eine Software, die sich zusammen mit den Einstiegstutorials auch an diejenigen richtet, die sich für Lidar und Bodenrelikte interessieren, ohne Geoinformatik studiert zu haben.
Ich habe das auch nicht studiert und habe es hinbekommen, ein richtiges Lidar-Mesh zu erzeugen und Routen und Pins anzulegen. planlauf/TERRAIN hat sogar dort einen Nutzen, wo es noch keine freien Lidar-Daten gibt – dafür sorgt der Map Extractor! Und auch das habe ich hinbekommen.
Mich begeistert die Software vor allem deswegen so sehr, weil sie die Brücke schlägt zwischen „Lidar anschauen“ und „unterwegs sein“. planlauf/TERRAIN kann beides. Schluss damit, Lidar-Reliefs auszudrucken oder Bodenrelikte in Google Maps zu markieren. Normalerweise schaut man sich Lidar-Daten ausschließlich im GIS-Programm an – eben der typische Wissenschaftler, der im Büro Daten analysiert. Doch planlauf/TERRAIN ist für die Forscher gemacht, die vor die Tür gehen und sich die Daten in der Landschaft anschauen wollen!
Unterwegs Routen planen, merkwürdige „Landschafts-Features“ anschauen, Waypoints setzen, Fotos schießen oder Screenshots machen – genau dafür ist planlauf/TERRAIN da. Und das schafft die Software bemerkenswert gut, gerade auf Geräten, die sonst fast sogar „zu lahm für Internet“ sind!
Links und weitere Infos
» Webseite von planlauf/TERRAIN mit Tutorials und Informationen
» Rouven Meidlinger auf Twitter mit Neuigkeiten zur Software, regelmäßig interessante Screenshots und Videos von Geländemodellen
Hinweis: Anreise und Übernachtung für die Testwanderung hat uns Rouven bezahlt. Er überließ mir außerdem das genutzte Zubehör, d.h. das Tablet und den GPS-Empfänger. Damit könnte man ggf. urteilen, dass eine Form von Kooperation oder Sponsoring bestand. Der Beitrag spiegelt allerdings ausschließlich meine persönliche Meinung über planlauf/TERRAIN wieder und ich würde die Software auch ohne Sponsoring empfehlen!
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