The Terror – Die Geschichte der Terror und Erebus

In der Mitte des 19. Jahrhunderts verschwanden die beiden Expeditionsschiffe HMS Erebus und HMS Terror spurlos im arktischen Polarmeer. Zwei Jahre waren die Schiffe im Eis eingefroren, das fanden Suchmannschaften Jahre später heraus. Dann ließen die Mannschaften ihre Schiffe zurück und versuchten verzweifelt, zu Fuß einen Außenposten auf dem Festland zu erreichen.

Die erste Staffel der AMC-Serie The Terror, die unter anderem von Ridley Scott produziert wurde, erschien im März 2018 und beschäftigt sich mit rekonstruierten und vor allem aber fiktiven Ereignissen auf den beiden Schiffen.

Darum geht’s: Die Franklin-Expedition

Im Jahre 1845 brachen zwei hervorragend ausgerüstete Expeditionsschiffe von England auf, um für Königin und Vaterland (und den Ruhm) endlich eine Nord-West-Passage zu finden. Eine schiffbare Passage, nördlich am amerikanischen Kontinent vorbei, um so eine Abkürzung nach Asien nutzen zu können. Nördlich von Amerika, da ist nicht mehr viel als karge Inseln und viel, viel Eis.

In der Mitte des 19. Jahrhunderts ein gewagtes Unterfangen. Einige Expeditionen hatten schon verschiedene Inseln kartiert und ihnen Namen gegeben, aber den pazifischen Ozean über eine solche Passage zu erreichen, das war noch niemandem gelungen.

 HMS Erebus und HMS Terror
Die HMS Erebus und HMS Terror, von um 187 (Quelle: Wikipedia)

Sir Franklin kommandierte an Bord der Erebus die Expedition, die Terror folgte nach. Zwei interessante Namen für Schiffe: Erebus ist der griechische Gott der Finsternis, Terror steht auf Latein für „Schrecken“. Klar, die beiden Schiffe waren vor ihrer Forschungsschiff-Karriere als Kriegsschiffe im Einsatz gewesen, da droht man eben gern.

Als ehemalige Kriegsschiffe verfügten über einen besonders starken Rumpf, was sie unempfindlicher gegen Eis machte und sie daher für eine Polarexpedition prädestinierten. Dazu kam noch eine Lokomotiven-Dampfmaschine, die eine Schiffsschraube antreiben konnten – die beiden Schiffe waren also nicht ausschließlich auf ihre Segel angewiesen.

Aber die Namen der Schiffe könnten auch Omen sein. Finster ist es schließlich nördlich des Polarkreises, wo sich in der langen Polarnacht mehrere Monate die Sonne nicht blicken und alles bestenfalls in einem fahlen Dämmerlicht liegt. Und den Schrecken malt man sich dann gern dazu aus, wenn man sich vorstellt, was dort wohl passiert sein muss – denn niemand kehrte von der Expedition zurück.

Die beiden Schiffe verlieren sich 1846 im Packeis, während das Meer rings um sie herum zufriert. An ein Weiterkommen ist nicht zu denken. Nach dem Winter lockert sich das Eis auch im folgenden Jahr nicht und die Männer müssen einen weiteren Sommer und Winter an Ort und Stelle bleiben.

Eineinhalb Jahre auf dem Polarmeer eingefroren

Unvorstellbar. Eineinhalb Jahre eingefroren. Dazu das Knacken des arbeitenden Eises und die vermutlich schiefe Lage der Schiffe, die vom Eis in die Höhe gedrückt wurden.

Wann beginnt Zuversicht unter den Kommandaten einer leisen Sorge zu weichen? Wann beginnt man, die Rationen zu zählen? Wann kommt Verzweiflung auf? Wie hält man über 60 Männer an Bord eines nur 30 Meter langen Schiffes bei Stimmung? Was für ein Gefühl muss es sein, festzusitzen und nicht auf den fahrbaren Untersatz vertrauen zu können? Und wann entscheidet man sich, die eigentlich sichere Zuflucht der Schiffe aufzugeben und einen langen und gefährlichen Marsch nach Süden anzutreten?

Eines der beiden Schiffe, umgeben von Packeis
Eines der beiden Schiffe, umgeben von Packeis © AMC

Vom Zeitpunkt des Verlassens der Schiffe findet sich auch der einzige schriftliche Hinweis. Auf der King William-Insel hinterlassen die Offiziere in einer steinernen Pyramide einen Zettel, auf dem vermerkt ist, wann sie aufgebrochen waren wohin sie gelangen wollten. Mehr zur fehlgeschlagenen Franklin-Expedition kannst du auf Wikipedia nachlesen. Diese etwas ältere Doku ist ebenfalls sehr aufschlussreich und zeigt das volle Ausmaß dessen, mit was die Expedition zu kämpfen hatte.

Kein Wunder, dass solche Geschichten die Fantasie anregen! Man muss sich einfach fragen, was wohl genau passiert sein mag, dass keiner der Männer den Rückweg zu Fuß schaffte. Was sich dort abgespielt hat, dort draußen, in den Schiffen auf dem Eis. Ohne Kontakt zur Zivilisation, und keine Möglichkeit, Hilfe zu rufen, wenn etwas schiefläuft.

Umso ironischer ist es, dass sich zum Zeitpunkt, während ich das schreibe, der deutsche Forschungseisbrecher „Polarstern“ nahe des Nordpols befindet. Das Schiff hat sich im Herbst absichtlich im Eis einfrieren lassen, um verschiedene Messungen zum Wetter und zu Bewegungen des Packeises – von dem es nun Teil ist – durchzuführen. Vergleichbar ist die Lage natürlich nicht. Auf meereisportal.de kannst du selbst schauen, wo die Polarstern gerade steckt.

Polarstern-Position
Position der Polarstern am heutigen 7.02.2020 (© meereisportal.de)

The Terror, die Serie

Die erste Staffel der AMC-Serie „The Terror“ nimmt sich dieser Fragen an und versucht, die Wissenslücke mit Fiktion zu füllen. „The Terror“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Dan Simmons (den ich leider nicht gelesen habe). Und da niemand weiß, was genau an Bord vorfiel, und schon gar nicht, nachdem die Seeleute zu Fuß aufgebrochen waren, dichtet sie ein wenig dazu. Sir Franklin jedenfalls war bereits im Juni 1847 gestorben, das geht aus dem gefundenen Zettel hervor. Warum, das bleibt unklar. Schöner Stoff für Spekulationen!

The Terror - Poster
© AMC

Tatsächlich waren es am Ende wohl Hunger, Krankheit und Erschöpfung, denen die meisten Männer zum Opfer fielen. Aber in der Serie kommt noch ein übernatürlich intelligenter Eisbär hinzu, der Jagd auf sie macht, nachdem die Crew versehentlich einen alten Inuit-Schamanen erschossen hatte. Die erwachsene Tochter des Schamanen, die mit ihm unterwegs gewesen war, weiß mehr über den Eisbär. Sie nennt das Wesen Tuunbaq, und ihr Vater schien es kontrollieren zu können.

Wie die Inuit-Frau, aufgrund ihrer Schweigsamkeit „Lady Silence“ genannt, zu den Engländern steht, ist dabei unklar. Seit dem Tod ihres Vaters hält sie sich in der Nähe der Schiffe auf und macht die Männer damit nervös. Sie vermuten, dass sie ihnen das unbekannte Raubtier auf den Hals gehetzt hat und begegnen ihr daher mit Misstrauen.

Mit auf Tour sind mehrere bekannte Gesichter. Sir Franklin wird gespielt von Ciarán Hinds, den wir bereits in Rome als Iulius Caesar und in Game of Thrones als „König jenseits der Mauer“ zu sehen bekamen.

Sein 1. Offizier an Bord der Erebus, James Fitzjames, ist in „The Terror“ ein alter Bekannter. Tobias Menzies erstach als Brutus eben jenen Caesar in Rome (es ist witzig, die beiden wieder zusammen zu sehen!) und nervte alle in Game of Thrones als Catelyn Starks dummer Bruder Edmure Tully.

Jared Harris spielt den Kommandanten der Terror, Franis Crozier, der nach Sir Franklins Tod die Leitung der Expedition übernimmt. Wir kennen Harris etwa aus Chernobyl, Carnival Row und Mad Men.

Historisch angehauchte Semi-Doku-Horror-Fiction

„The Terror“ stützt sich weitgehend auf die bekannten Fakten. Davon gibt es nicht viele, bekannt ist nur, wo sich die beiden Schiffe aufgehalten haben, wie lange sie im Eis eingefroren waren, dass Sir Franklin bereits Mitte 1847 starb und wann wie viele Männer die Schiffe schließlich zurückließen. Was zuvor und danach passierte, füllt die Serie durch fiktive Elemente bzw. Theorien auf. Daher ist „The Terror“ auch keinesfalls als Doku anzusehen!

Der merkwürdige Eisbär Tuunbaq übernimmt hier die Rolle, das „langweilige“ Bordleben etwas spannender zu gestalten. Eineinhalb Jahre lang Planken schrubben, Wache schieben und abgefrorene Zehen wären ansonsten keine besonders mitreißende Geschichte :D Aber dieser Part ist natürlich komplett frei erfunden.

Fitzjames und Franklin in The Terror
Captain James Fitzjames (Tobias Menzies) und Sir John Franklin ( Ciarán Hinds) an Bord ihres Schiffes © AMC

Thematisiert wird aber auch eine mögliche Bleivergiftung, die sich die Besatzungen durch die Blei-verlöteten Konservendosen zugezogen haben könnten. Bei aufgefundenen Leichen der Expedition jedenfalls wurde ein erhöhter Bleigehalt festgestellt, daher gab es die Theorie, dass diese Bleivergiftung zum Scheitern der Expedition geführt haben könnte – was allerdings widerlegt ist. Eine Bleivergiftung ist nicht tödlich.

In der Serie aber bemerkt ein aufmerksamer Arzt diese Vergiftung und es stellt sich dann die Frage, wie man auf die Konserven verzichten kann, wenn die Rationen sowieso schon knapp sind.

So entsteht eine interessante Mischung aus Leben an Bord, mit allen Problemen und Reibereien, die in der Enge auftauchen können, und einem intelligenten Riesenbiest mit langem Atem, das immer wieder Jagd auf die Männer zu machen scheint.

Um die Männer bei Laune zu halten, wird für einen gewissen Komfort gesorgt. Es gibt nicht nur Bücher zu lesen, eine Drehorgel, ein Heizungssystem und Schulstunden für Analphabeten, sondern auch genügend Rationen an Schokolade und Alkohol. Das ist verbürgt, die beiden Schiffe waren außergewöhnlich gut ausgerüstet.

Dadurch ergibt sich ein merkwürdiger Kontrast zwischen „draußen tödlich, dunkel, kalt“ und „drinnen Zuflucht, hell, warm“. Ob das so war, weiß man natürlich nicht. Da zum Zeitpunkt der Aufgabe der Schiffe die meisten Männer aber noch am Leben waren, ist davon auszugehen, dass Disziplin und das Leben an Bord relativ geregelt gewesen sein mussten, bis die Reserven knapp wurden.

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Mein Fazit zu The Terror (Staffel 1)

Ich war zunächst skeptisch, weil die Serie auch unter „Horror“ läuft. Und ich mag keinen Horror :D Aber die Polarexpedition reizte mich so sehr, dass ich der Sache einfach mal eine Chance gab. Schon bald stand fest: Es handelt sich nicht um eine typische Horror-Show, in dem die Angst oder blutige Gemetzel vorherrschen. Wer hier auf wandelnde Tote, Geister oder Außerirdische wartet, der wartet vergeblich.

Gegen Ende der zehnten Folge braucht der Zuschauer dann aber doch gelegentlich starke Nerven aufgrund der Geschehnisse, nachdem die Seeleute die Schiffe verlassen haben.

Witziger Zufall (für mich): Die Erweiterung „Die Passage“ für das Spiel Anno 1800 thematisiert ebenfalls die Franklin-Expedition. Der Spieler wird hier auf die Suche nach dem vermissten Kommmandanten, hier Sir John Faithful, geschickt. Es war reiner Zufall, dass ich das Spiel gleichzeitig mit der Serie entdeckte und erst durch die Serie darauf kam, um was es im Spiel wirklich ging :D

Spannend ist die Handlung aber auf jeden Fall. Auch, wenn wir wissen, wie die Geschichte ausgeht, ist es doch interessant zu sehen, was die Serie (bzw. das Buch) aus dem macht, was wir eben nicht wissen.

Mir persönlich gefiel die erste Staffel sehr gut: Abgeschieden von der Welt, Gentlemen-Gehabe und Schiffshierarchie, Segelschiffe, Polarmeer – das alles sind Punkte, die ich ansich schon interessant finde. Hier kommt alles zusammen, und wir haben die Serie an nur wenigen Abenden durchgeschaut.

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