Für Annehmlichkeiten im Alltag nehmen wir in Kauf, dass unsere Daten gesammelt und Werbung individuell auf uns zugeschnitten wird. Die Serie Black Mirror spinnt diese Entwicklung weiter und präsentiert Szenarien, in denen neue Technologien jenseits aller Ethikvorstellungen zum Alptraum werden.
Was ist Black Mirror und wo gibt’s die Serie?
Heute stelle ich dir die Serie „Black Mirror“ vor – eine intelligente britische Science-Fiction-Serie ohne binge Watching-Gefahr :D Jede Episode ist eine in sich abgeschlossene Kurzgeschichte mit immer neuen Darstellern.
Black Mirror basiert auf Gedankenexperimenten, die die Möglichkeiten von Technik im Alltag des Menschen weiterspinnen und dabei aufzeigen, dass irgendwann Grenzen überschritten werden, die niemals hätten überschritten werden dürfen. So muten viele der Geschichten durchaus dystopisch an oder sind Spielarten vom guten alten Big Brother aus dem Buch „1984“ von George Orwell. Es gibt hier zwar nicht immer ein „unhappy End“, aber oft genug wird der Zuschauer relativ sprachlos zurückgelassen.
Gelegentlich begegnen uns in Black Mirror auch bekannte Gesichter aus anderen Produktionen, darunter etwa Bryce Dallas Howard (Terminator 4, Jurassic World), Jerome Flynn (Bronn aus Game of Thrones), Jon Hamm (Don Draper aus Mad Men), Jimmi Simpson (Billy aus Westworld), Jesse Plemons (Todd aus Breaking Bad) und noch viele weitere. Man kann sich also wirklich nicht an einem Mangel an Prominenz beklagen!
Bislang (Mai 2018) gibt es vier Staffeln, wobei die 1. und 2. Staffel nur jeweils drei Episoden beinhalten, und die 3. und 4. Staffel immerhin schon jeweils sechs. Eine 5. Staffel wurde im März 2018 angekündigt.
Zu sehen gibt’s die Serie komplett auf Netflix (ab Staffel 3 exklusiv für Netflix produziert), Staffel 1 und 2 ist derzeit auch auf Sky verfügbar.
Um was für Technik geht es?
Damit du eine Idee bekommst, auf was du dich mit Black Mirror einlässt, beschreibe ich kurz spoilerfrei ein paar solcher Szenarien.
Obwohl Black Mirror „intelligente Technologien“ thematisiert, geht es nicht um die Gefahren von Künstlichen Intelligenzen á la Terminator und Skynet, sondern mehr um Manipulationen des Verhaltens und Erlebens.
Abhängigkeit von Likes und Bewertungen
Netflix startet die Serie automatisch bei Folge 1 der 3. Staffel (Episodenname „Abgestürzt“). Ist ja unwichtig, in welcher Reihenfolge man die Episoden von Black Mirror schaut :D Jedenfalls – diese Folge ist schon ziemlich unheimlich und man erkennt sich selbst und die Gesellschaft schnell wieder. In dieser Episode wird die Beliebtheit und Popularität eines jeden Menschen aus den sozialen Medien auf das richtige Leben übertragen.
Jeder Mensch kann jede Aktion eines anderen Menschen jederzeit mit 1-5 Sternen bewerten – und das fängt beim morgendlichen Gruß an. Daraus ergibt sich dann eine Gesamtbeliebtheit, und alles im Leben hängt von diesem Wert ab: Die Bezahlung im Job, Höhe der Miete, die Wohnung selbst, Privilegien wie gute Sitzplätze im Flugzeug. Die persönliche Bewertung ist eine Art zweites Zahlungsmittel und zugleich Angabe zur Kreditwürdigkeit geworden. Wer nicht mindestens über eine bestimmte Bewertung verfügt, der hat ganz einfach keinen Zugang zu bestimmten Annehmlichkeiten.
Ich bin sicher, dass Instagram als Inspiration gedient hat: Am Anfang lädt die Protagonistin ein Foto ins soziale Netzwerk hoch und wartet sehnsüchtig auf die guten Bewertungen. Konsequenz dieser Abhängigkeit vom sozialen Status ist nicht nur, ständig nur aufs Handy zu schauen. Viel schlimmer ist, dass so gut wie jeder Mensch zu jeder Zeit immer darauf bedacht ist, möglichst höflich und bewundernswert aufzutreten, damit es möglichst viele gute Bewertungen gibt. Man sagt nicht mehr seine eigene Meinung, sondern nur noch das, was alle um einen herum hören möchten. Die gute Bewertung wird’s danken!
Dass es fatale Auswirkungen hat, wenn die Bewertungen nicht so gut sind, ist dann eben die Kehrseite der Medaille…
Manipulation des Erlebens und der Erinnerung
Mehrere Episoden beschäftigen sich mit Implantaten im Gehirn, die sich auf das auswirken, was man sieht und erlebt und wie man sich daran erinnert.
Ob es darum geht, nach dem Tod des Körpers unsterblich zu sein und in einer virtuellen Welt weiterzuleben, oder um die Frage, ob man selbst überhaupt ein lebendiger Mensch ist oder nur eine Simulation – solche Themen werden in verschiedenen Folgen aufgegriffen.
Was wäre außerdem, wenn alles, was man sieht und erlebt, aufgezeichnet und jederzeit wiedergegeben werden könnte? Oder was, wenn man auf die subjektiven Erinnerungen eines Menschen zugreifen könnte? Diese Folgen thematisieren ähnliche Ideen (Erinnerungen sichtbar machen), gehen aber von völlig verschiedenen Voraussetzungen aus.
Eine besonders heftige Episode demonstrierte, wie sich Implantate im Gehirn auf Soldaten auswirken könnten. Grundidee ist, dass der schlimmste Feind des Soldaten der Soldat selbst ist: Sein eigenes Empfinden von ethischem Gut und Richtig. Man muss schon sehr abgebrüht sein, wenn man als Soldat auf unbewaffnete Zivilisten inklusive Kindern schießt – und deswegen tut man es auch nicht. Warum also nicht die Gehirne der Soldaten manipulieren und ihnen vorspielen, dass sie auf verabscheuungswürdige, gefährliche Kreaturen schießen?
Der Mensch als (sensationsgeiler) Zuschauer
Die Episode „Der Wille des Volkes“ (Staffel 1, Folge 1) thematisiert eine Situation, die gut und gerne auch heutzutage auftreten könnte. Nehmen wir an, ein beliebtes Mitglied des britischen Königshauses wird entführt. Die Entführer melden sich und verlangen für die Freilassung der Prinzessin kein Geld oder sonstige Privilegien – sondern, dass sich der Premierminister öffentlich demütigt und in einer Live-Übertragung Sex mit einem Schwein hat.
Diese Folge zielt auf den Druck der öffentlichen Meinung ab. Der Zwiespalt des Premierministers ist deutlich: Entweder, er tut etwas, was kein Mensch normalerweise tun möchte – und zwar öffentlich. Oder er persönlich trägt die Schuld daran, dass eine beliebte Prinzessin getötet wird. Und das Volk schaut natürlich amüsiert und gespannt zu.
Oder die Episode, in der ein Teenager beim Onanieren vor dem Laptop gefilmt und dann mit immer schlimmeren Forderungen erpresst wird. Auch sowas ist nicht allzu weit hergeholt.
In einer weiteren Folge, „Böse neue Welt“, wacht eine Frau in einer Art Alptraum auf: Sie wird gnadenlos von Schlägern gejagt, und statt, dass andere Menschen ihr helfen, filmen sie alles nur mit ihren Handys. In der Episode „Black Museum“ ist es sogar die größte Attraktion, einen als holografische Simulation „wiedererweckten“ Sträfling erneut auf den elektrischen Stuhl zu setzen. Inklusive kleinem Anhänger, in dem das schreiende Gesicht des armen Mannes festgehalten wird.
Empfehlung
Die Serie Black Mirror taucht in dunkle Abgründe ab. Wer mit solchen Szenarien was anfangen kann und kein Problem mit Kurzgeschichten hat, der sollte sich damit auseinandersetzen. Technik erleichtert unseren Alltag – aber wer weiß, wohin das noch führen kann. Viele der Szenarien in Black Mirror sind glücklicherweise eher unwahrscheinlich, aber trotzdem ist es spannend zu sehen, was sich gute Autoren alles ausdenken können.
Obwohl die einzelnen Episoden nur rund eine Stunde lang sind, gibt es trotzdem genug Stoff, um sich darüber zu unterhalten – immerhin, das darf man auch nicht vergessen, sind einstündige, abgeschlossene Episoden auch halbe Kinofilme :D Der Name „Black Mirror“, schwarzer Spiegel, bezieht sich übrigens auf die Oberfläche von (ausgeschalteten) Displays, die uns heute ständig und überall begleiten.
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