Kürzlich haben wir uns im Kino „Ghost in a Shell“ angeschaut. Ich hatte mir erhofft, dass sich der Film tiefer mit der Frage beschäftigt, wo der Unterschied zwischen Mensch und Maschine verwischt. Leider wurde jegliche Tiefe des Films zugunsten von CGI-Effekten und Scarlett Johanson in einem Nackt-Suit aufgegeben. Schade.
Nunja, dann also gestern Abend Ex Machina aus dem Jahr 2015. Tatsächlich ist mir dieser Science-Fiction-Film damals völlig entgangen. Er stellt sich genau diesen Fragen und geht weitaus tiefgründiger an das Thema ran. Wie kann man erkennen, ob ein Roboter keinen vorgegebenen Protokollen folgt, sondern selbst denkt?
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Handlung (spoilerfrei)
Caleb ist ein junger Programmierer beim Suchmaschinengiganten Bluebook. Dessen Gründer und Entwickler, der geniale Nathan, lädt seinen Mitarbeiter zu sich nach Hause ein. Dort erhält Caleb die Gelegenheit, eine Woche mit Nathan zusammenzuarbeiten und sich mit dem Thema „Künstliche Intelligenz“ zu beschäftigen. Nathan lebt und forscht allein in einem riesigen unterirdischen Luxusanwesen, das mitten im Wald nur mit einem Hubschrauber erreichbar ist.
Dort hat einen weiblichen Roboter mit dem Namen Ava entwickelt. Er möchte, dass Caleb beurteilt, ob Ava ein Bewusstsein hat. Dazu soll Caleb jeden Tag mit Ava sprechen, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Ava hat ein sehr menschliches Gesicht, aber einen deutlich erkennbaren künstlichen Körper.
Im Laufe der Tage bemerkt Caleb, dass nicht alles ist, wie es scheint. Avas Beurteilung ist nicht ganz einfach und er muss sich selbst fragen, was denn nun einen Menschen überhaupt ausmacht.
Trailer zu Ex Machina
Hintergrund und Kritik
Was ist künstliche Intelligenz und wie erkennt man sie?
Unter künstlicher Intelligenz versteht man maschinelles Denken, das keinen vorprogrammierten Routinen folgt. Vorprogrammierte Routinen wären etwa verschiedene WENN DIES PASSIERT, TUE DAS, ANSONSTEN JENES-Schleifen (if-else). Damit kann man einem Programm viele Optionen bereitstellen, so dass es nach autonomen Handeln aussieht.
So kann ein Chatbot, wie zB. Apples Siri, darauf programmiert sein, Menschlichkeit vorzutäuschen. Fragt man ihn, ob er ein Bewusstsein hat, antwortet er mit „ja“, denn das ist seine Aufgabe. Dennoch heißt das nicht, dass dieser Bot tatsächlich selbst denkt. Zu eigenem Denken gehört etwa
- Neugierde
- Abstraktion
- Kreativität
- vielleicht auch mal der Hang zu nicht unbedingt logischen Handlungen
Normale Chatbots folgen nur Protokollen. Sie analysieren die Sätze des Gesprächspartners, berechnen Wahrscheinlichkeiten zum Inhalt und durchsuchen dann Datenbanken nach passenden Antworten.
Der Turing-Test wurde 1950 von Alan Turing beschrieben. Turing setzte voraus, dass maschinelle Intelligenz mit menschlicher Intelligenz vergleichbar ist. Wenn also eine Maschine Menschen überzeugen kann, dass sie ebenfalls ein Mensch ist, dann muss künstliche Intelligenz vorliegen.
Grundlegend kommuniziert dabei ein Mensch nacheinander mit einer Maschine und einem Menschen, ohne beide zu sehen. Danach soll er beurteilen, welcher der beiden Gesprächspartner der Mensch war und welcher die Maschine. Bisher hat kein Computer den Test bestanden – zwar gelingt es manchen Programmen, einige Menschen zu täuschen, aber nicht die Mehrheit.
Die aktuelle Serie Westworld beschäftigt sich ebenfalls mit der Thematik „lebensechte Roboter“.
Schwammige Testparameter in Ex Machina
In Ex Machina spricht Nathan den Turing-Test an und Caleb erklärt nochmal kurz, worum es geht. Voraussetzung des ursprünglichen Tests war aber, dass der testende Mensch nicht weiß, ob er mit einer Maschine oder einem Menschen kommuniziert. Im Film weiß Caleb aber, dass Ava ein Roboter ist. Er spricht das auch an. Nathan antwortet, dass der Test eben abgewandelt ist: Caleb soll beurteilen, ob er das Gefühl hat, dass Ava über ein Bewusstsein verfügt. Ich weiß nicht, ob Bewusstsein mit Intelligenz gleichzusetzen ist: Delphine seien sehr intelligent und verhalten sich auch so. Aber ich bin nicht sicher, ob man ihnen zuschreibt, sich selbst als „ich“ zu betrachten und ihre Handlungen unter verschiedenen Gesichtspunkten zu überdenken.
Nehmen wir mal einfach an, dass hier Bewusstsein mit Intelligenz gleichgesetzt wird. Auch dann ist die Vorgabe sehr, sehr schwammig und in das Urteil fließen mit Sicherheit persönliche Präferenzen ein. Wenn man weiß, dass man einem Computer gegenübersitzt, dann beurteilt man ihn auch ausschließlich so. Man kann ihm gegenüber aufgeschlossen sein und nachsichtig urteilen. Man kann aber auch sehr streng urteilen und ihm jegliche Menschlichkeit abschreiben.
Es fehlen eindeutige Kritierien, nach denen man das Bewusstsein beurteilen kann. Auch das spricht Caleb in Ex Machina an. Ein Schachcomputer könne sehr leistungsfähig sein und jeden Menschen schlagen. Aber weiß der Schachcomputer, dass er Schach spielt? Oder was Schach überhaupt ist?
Ex Machina geht hier einer deutlicheren Klärung aus dem Weg. Nathan antwortet dann nur, dass Caleb alles zu kompliziert betrachte. Es gehe um einfache Antworten auf einfache Fragen: Hat Caleb das Gefühl, dass Ava ein Bewusstsein hat?
Anlehnung an die biblische Schöpfungsgeschichte?
Gleich am Anfang sagt Caleb zu Nathan, dass die Erschaffung einer künstlichen Intelligenz nichts mit der Geschichte der Menschheit zu tun hat, sondern eher mit Göttern. Ex Machina tangiert also auch peripher die Thematik „Gott und seine Schöpfung“ und „Mensch und seine Schöpfung“.
Dazu passt, dass die Sitzungen mit Ava in 7 Sessions (7 Tage) unterteilt sind. Der gesamte Rahmen von Ex Machina erinnert ein wenig an die Schöpfungsgeschichte. Da wäre das Setting eines luxuriösen Anwesens mitten in der Wildnis, das ganze mutet irgendwie paradiesisch an. Insbesondere am Ende des Films wird das deutlich, aber da kann ich nun leider nicht genauer drauf eingehen >_<
Ob Ava an Eva angelehnt ist und dementsprechend für die erste Frau steht, ist nicht ganz eindeutig. Aber so fern liegt der Gedanke nicht.
Ava, die robotische Hauptfigur
Wir wissen zu jeder Zeit, dass Ava ein Roboter ist, daher wurden wir von jeglicher Überraschung in dieser Hinsicht verschont. Wir mussten zu keinem Zeitpunkt beurteilen, ob sie sich wie eine Maschine verhält oder nicht, wir konnten nur beobachten, WIE sich diese Maschine nun verhält.
Auf mich wirkte sie irgendwie naiv und ein bisschen, wie ein kleines Kind. Ihr Wunsch ist, den Menschen ähnlich zu sein, sich wie sie zu kleiden und Menschen zu beobachten. Das wirkt nicht wie eine rational denkende Maschine. Rational-kalt denkende Maschinen kennen wir aus Terminator oder Matrix – dort ist Logik und Effizienz das Leitbild. (Dass die Maschinen in Terminator und Matrix intelligent sind, ist keine Frage – ob sie ein Bewusstsein haben, aber eine ganz andere..)
Bei Ava in Ex Machina kann man wohl voraussetzen, dass bei ihr der Schwerpunkt nicht auf Effizienz liegt. Daher kann man vielleicht durchaus damit argumentieren, dass diese KI eben nunmal neugierig ist und das „Menschsein“ als Ideal ansieht.
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Meinung zu Ex Machina
Mir gefällt der Film sehr gut. Er geht ruhig an das Thema heran, verzichtet auf jegliche Kampfaction und konzentriert sich auf die Story. Nicht zuletzt wird immer wieder der Kontrast zwischen Natur und Künstlichkeit hervorgehoben. So zeigt der Film zur Abgrenzung der Tage häufig Bilder aus dem Wald, in dem sich das Anwesen befindet.
Oft werfen die beiden Protagonisten Zitate von bekannten Wissenschaftlern oder Autoren ein, wie etwa von Oppenheimer, der die Atombombe gebaut hat. Auch damit beweist Ex Machina, dass es wirklich mehr um Gedankenspiele als um Action fürs Auge geht.
Ex Machina ist auch nicht nur „langweilig und ruhig“. Es kommen durchaus einige Fragen auf, wie „was passiert hier wirklich?“ und „wer hat denn nun Recht?“. So intensiviert sich bis zum Ende auch der Spannungsbogen.
Was insgesamt ein wenig fehlt, ist eine gewisse persönliche Involvierung. Irgendwie bleibt der Film auf Abstand und es fällt schwer, sich mit einer der Figuren zu identifizieren. Man wird emotional nicht mitgerissen.
Also – abschließendes Urteil: Unbedingt anschauen, wer sich für das Thema künstliche Intelligenz interessiert und nicht immer Explosionen braucht!
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