Details zum Buch
Autor: Ernest Cline
Titel: Armada
Erstausgabe: 2015 (US), 2018 (DE)
Seiten: 406
Info: Wird verfilmt, Start noch unklar
Wer in Online-Spielen in der allerersten Liga mitspielen will, der muss dafür viel Zeit investieren. Zeit, die man auch als Training betrachten könnte. Was wäre, wenn du nun statt eines virtuellen Raumschiffes ein richtiges Raumschiff steuern würdest und damit Jagd machst auf außerirdische Invasoren? Vom Zocker-Kellerkind zum Verteidiger der Menschheit – das wäre doch was, oder? Und genau das serviert uns Ernest Cline in Armada.
Armada – Handlung
Armada ist ein sehr beliebtes Online-Weltraumkampfspiel, das zusammen mit seiner Schwester Terra Firma, einem Infanterie-Spiel im gleichen Spieluniversum, die Liste der beliebtesten Spiele anführt. Terra Firma und Armada handeln von einer Alien-Invasion, die die Spieler abwehren müssen. Auf der ganzen Welt zocken Heerscharen von Menschen diese beiden Spiele. Was wäre nun, wenn es gar keine Spiele wären, sondern echte Szenarien? Wenn die Spieler gar keine virtuellen Flugzeuge und Kampfmechs steuerten, sondern am Rechner reale Kampfdrohnen bedienten, ohne es zu wissen? Wenn die Einsatzbesprechungen im Spiel gar nicht hypothetisch wären, sondern echte Briefings für echte Einsätze?
Das ist die Grundidee von Armada. Denn hier findet tatsächlich eine Alien-Invasion statt – zwar (noch) nicht auf der Erde, sondern unter anderem auf dem Mond und auf Europa, einem Mond von Jupiter statt. Die Regierungen haben diesen Konflikt geheim behalten, entwickelten aber ständig neue Alien-Invasionsszenarien für Film, Fernsehen und Spielekonsole, um die Menschheit für den Ernstfall vorzubereiten. Klingt heftig nach Verschwörungstheorie – und genau das glaubt unser Protagonist Zack, 17 Jahre alter Teenager mit therapiebedürftiger toter-Vater-Fixierung, ebenfalls, als er zuerst davon hört. Doch da er zufällig auf der Armada-Weltrangliste einen der besten Plätze belegt, gehört er auch zu den Spielern bzw. Drohnenpiloten, die als erstes rekrutiert werden, als die Lage dann auf einmal ernst wird.
Armada – Rezension
Ein Roman über Computerspiele, eine Alien-Invasion und Gamer sind die letzte Hoffnung der Erde? Na, das klingt ja interessant – ich war neugierig darauf, was Ernest Cline aus diesem Thema macht :D Außerdem hat mir Clines erster Roman Ready Player One mit seinem Virtual-Reality-Setting richtig gut gefallen. Last but not least sprangen mir auch die Empfehlungen von Andy Weir (Autor von Der Marsianer) und George R. R. Martin (ach, du weißt es doch ^^ Game of Thrones) auf dem Buchrücken ins Auge. Dann kann ja eigentlich fast nichts schiefgehen… oder?
Den Einstieg ins Buch fand ich auch sehr gut. Es gibt so viele Zitate und Anspielungen auf Spiele und Filme, dass ich mich sofort heimisch gefühlt habe. Während sich Cline in Ready Player One der Nerdkultur der 80er und 90er Jahre bediente, nutzt er in Armada glücklicherweise – natürlich neben Klassikern wie Star Wars – auch aktuellere Bezüge. Er bringt Insider wie „Leeroy Jenkins“ aus World of Warcraft ins Spiel und erwähnt aktuelle Titel wie Battlefield, Elite: Dangerous und EVE Online und sogar Star Citizen (das drei Jahre später noch immer nicht released wurde…). Als Zack zu Beginn des Buches an einem „Raid“ in Armada teilnimmt, also einem online stattfindenden Kampf vieler Spieler gegen einen gemeinsamen Feind, durchströmte mich ein Glücksgefühl. Ha, ein Raid, in einem Buch!
Auch die Idee mit den Spielern als ungewollten Elitepiloten fand ich gut und gar nicht so sehr an den Haaren herbeigezogen. Kampfdrohnen gibt es ja – und so weit muss man den Gedanken gar nicht weiterspinnen, sich statt eines Offiziers einen Gamer am Joystick vorzustellen. Auch Spieler können abertausende Spielstunden investieren, um in einem Spiel absoluter Profi zu werden. Warum nicht die Steuerung eines Raumschiffes im Spiel derart realistisch gestalten, dass sie sich auf die Realität übertragen lässt?
Trotzdem stellte sich relativ schnell dann auch wieder Ernüchterung ein. Große Teile des Buches musste ich mich ein wenig quälen, um es weiterzulesen. Es hat mich nicht gefesselt und noch viel schlimmer: Es ging mir stellenweise richtig hart auf die Nerven.
Teenagerträume gehen in Erfüllung
Stellenweise bin ich mir nicht sicher, an welche Zielgruppe Cline das Buch gerichtet hat. Es müssen Teenager sein, denn Armada erfüllt alle Merkmale eines Jugendbuchs. Der Protagonist ist Teenager, der als Top Ten-Spieler von „Armada“ das Leben eines Außenseiters führt. Schon ganz am Anfang sitzt Zack im Klassenraum, starrt aus dem Fenster, und wünscht, woanders oder jemand anderes zu sein. Und ganz genau das passiert dann auch. Auf einmal stellt sich heraus, dass genau das ihn zu einem der wichtigsten Verteidiger der Menschheit macht. Sofort ist er ein angesehener Held statt belächelter Sonderling, und er bekommt endlich die Aufmerksamkeit, die er verdient.
Das ist ein extrem klischeehafter „Bauer, der eigentlich ein Königssohn ist“-Plot und Traum eines jeden Teenagers, der die Schule blöd findet und nicht weiß, was er im Leben mal werden will. Da liegst du nun auf der Couch, traurig, weil deine Freundin dich verlassen hat und träumst davon, wie es wäre, wenn alles anders wäre. Wenn du gar nicht der missverstandene Teenager wärst, sondern zur Elite der Erde gehörtest und deine Widersacher an der Schule auf einmal Autogramme von dir wollten.
Solche Geschichten gibt es zuhauf und es ist ja auch nicht immer schlecht. Paradebeispiel ist ja Farmersjunge Luke Skywalker in Star Wars (auch, wenn Luke mit der Rolle seines Vaters nicht ganz so glücklich ist, ich zitiere: „Noooooooooooooooooo!“). Und am Ende ist der einsame Teenager der einzige, der den Todesstern zerstören kann. Es hat mich trotzdem enttäuscht, dass auch Cline mit Armada auf dieses einfache Gerüst gesetzt hat.
Handlung und Charaktere bleiben flach
Diesen wahrgewordenen Traum exerziert Cline einen Großteil des Buches einfach durch. Der gesamte mittlere Teil handelt einfach nur darüber, wie unglaublich alles auf einmal ist. Zack, der wichtige Earth Defense Alliance-Offizier! Eine Alien-Invasion! Stationiert auf dem Mond!
Das ist ja alles kaum zu glauben! Und als wir dann endlich alles glauben, ist das Buch auch fast schon zu Ende. Ein paar eher durchschnittlich gelungener Dialoge retten da auch nicht mehr viel.
Zack selbst, der in dieser Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt, bleibt dabei sehr blass. Nur einmal sticht er kurz hervor, als er ungewollt Mist baut. Ansonsten ist Zack nur Spielball anderer, die sein Leben aus der Entfernung beobachten und lenken. Gerade auch Zacks Vater-Fixierung fand ich echt nervig. Zack trägt die Jacke seines Vaters, fährt das alte Auto seines Vaters und hört das Mixtape seines Vaters, kennt die Lieblingsspiele und -filme seines Vaters in- und auswendig. Hat der Junge denn gar keine eigene Identität? Das Mixtape übrigens, der Raid Arcade Mix, kommt immer wieder vor. In allen wichtigen Einsätzen hilft es Zack dabei, seinen Schießrhythmus zu finden. Cline veröffentlichte „Armada“ 2015, 2014 kam mit Guardians of the Galaxy ein Film in die Kinos, bei dem „Awesome Mix“-80er-Jahre-Musikkassette der verstorbenen Mutter eine zentrale Rolle spielt. Bei Guardians kam das ziemlich gut an – ein Schelm, der Böses dabei denkt!
Der Hintergrund der Alienangriffe ist interessanter
Das war tatsächlich das einzige, was ich nicht uninteressant fand. Es wird erklärt, dass die Außerirdischen die Menschen grundlos auslöschen wollen – und deswegen steht auch die Frage der Kommunikation im Raum. Was haben wir als Menschen getan, um die Außerirdischen so derartig gegen uns aufzubringen? Warum tun sie das überhaupt? Am Ende löst sich alles auf und wir stellen fest, dass Clines Idee dahinter etwas tiefer geht als „nur“ ein unprovozierter Akt der Aggression durch „die anderen“.
Massiver Spoiler zur Auflösung dieses Rätsels
Es stellt sich heraus, dass die wichtige Informationen geheim gehalten wurden. Nämlich, dass beim Erstkontakt Ronald Reagan die Nerven verlor und in Cowboy-Manier versuchte, die Außerirdischen mit einer Atombombe auszulöschen. Das will man natürlich lieber nicht mit der Öffentlichkeit kommunizieren.
Und ganz am Ende, als alles plötzlich viel zu schnell geht, erfahren wir, dass es alles ganz anders ist als gedacht. Es gibt diese Außerirdischen, gegen die die Menschheit seit 50 Jahren kämpfen, gar nicht. Alles war nur ein Test durch eine hochentwickelte Föderation außerirdischer Zivilisationen. Wie reagiert die Menschheit auf ein solches Wettrüsten? Auf Aktion folgt Reaktion, und die Außerirdischen haben stets nur reagiert. Obwohl sie technologisch weiter fortgeschritten sind, haben sie immer gewartet, ob die Menschen einen Genozid in Betracht ziehen – und wenn sie das tun, dann würde ihnen gleiches mit gleichem vergolten werden.
Ist natürlich ein sehr perfider Test – der jegliche Kontaktaufnahme völlig außer Acht lässt. Menschen wollen Diplomatie, sie wollen wissen, woran sie sind, und wenn ein unbekannter Gegner im Sonnensystem auftaucht und keine Kommunikation zulässt – dann wächst eben auch die Nervosität.
Ich finde es sehr schade, dass Cline sich nicht mehr auf diese Aspekte einlässt, sondern Zacks unerwarteter Rekrutierung viel zu viel Raum gibt. Am Ende geht alles zu schnell und es bleiben Fragen offen – vielleicht absichtlich für ein Armada 2 (was ich aber nicht lesen würde).
Armada – Wertung
Insgesamt hat mich Armada relativ kalt gelassen. Die Insider am Anfang waren nett – aber reine Nostalgie macht noch keine gute Story (siehe der unsägliche Terminator 5 oder auch Star Wars Episode VII, wo Disney auch extrem auf Nostalgie abzielt). Deswegen würde ich das Buch auch nicht unbedingt weiterempfehlen – es ist einfach zu flach. Falls du dich aber in deine eigenen Träumereien in diesem Alter zurückversetzen willst oder das Buch einem zockenden Neffen schenken kannst – dann ist es eine gute Wahl :D
» So funktioniert die Buchbewertung
Schreibe einen Kommentar