„Helena, genannt die Schöne“ ist der 3. oder 4. Roman, den ich zum Thema Trojanischer Krieg (überliefert als Homers Ilias) gelesen habe und es ist immer wieder interessant, wie die Personen – die ja immer gleich sind – in allen Büchern unterschiedlich dargestellt werden. Homers Ilias ist eine der ältesten Geschichten der Menschheit und stammt aus der Zeit Jahrhunderte vor Christi Geburt. Es geht um Helena, die Königin von Sparta, die mit einem jungen Prinzen in dessen Heimatstadt Troja flieht und damit einen Krieg zwischen Griechen und Trojanern auslöst.
Untertitel: Mein Leben zwischen Sparta und Troja
Erstauflage: 2007
Seitenanzahl: 885
Review online seit 18.03.2012 (geschrieben 23.12.2010, aber nicht hochgeladen, weil wegen zu faul ^^)
Helena, genannt die Schöne: Handlung
Der grobe Inhalt ist vermutlich weitgehend bekannt: Helena, Königin von Sparta, verliebt sich während des Besuchs einer Trojanischen Gesandtschaft in Paris, den Sohn des trojanischen Königs Priamos. Sie verlässt ihren Ehemann Menelaos und folgt Paris nach Troja, wo sie als Gemahlin Paris‘ aufgenommen wird. Der Empfang ist allerdings nicht besonders herzlich, da man sich Sorgen über die Reaktion der Griechen auf diesen „Frauendiebstahl“ macht.
Zu Recht: Die Griechen stellen unter Menelaos‘ Bruder Agamemnon ein riesiges Heer auf und folgen Helena nach Troja. Offizieller Grund für den Krieg ist die Rache für den Verrat von Helena und der Gesandten, die zu Gast in Sparta waren. Inoffiziell bietet sich der Krieg an, weil Troja eine mächtige Stadt ist und den Neid der Griechen erregt.
Unter den Griechen kämpft Achilleus, der als unbesiegbar gilt, sowie der listige Odysseus. Auf Seiten der Trojaner ragt besonders Hektor heraus, als ältester Sohn und Thronfolger Priamos‘ führt er das trojanische Heer an.
Achtung, ab jetzt Spoiler: Nach vielen Jahren erbitterter Kämpfe und dem Verlust wichtiger Personen – Hektor, Achilleus, Paris – führt eine List Odysseus‘ zum Untergang der Stadt. Versteckt in einem hölzernen Pferd kommen einige griechische Krieger in die Stadt, können nachts die Tore öffnen und das griechische Heer fällt zum Plündern über die Stadt her, die meisten Trojaner sterben.
Helena, genannt die Schöne: Rezension
Margaret George erzählt die Geschichte komplett aus der Sicht von Helena erzählt (Ich-Erzähler), so dass die Ereignisse ihres Lebens im Fokus liegen. Es handelt sich um eine biographische Erzählung, die mit Helenas frühesten Kindheitserinnerungen beginnen, so dass man als Leser schon einen Eindruck bekommt, wie sehr Helenas Leben durch Omen und Prophezeiungen beeinflusst wird.
Götter greifen in die Ereignisse ein
Diese Omen ziehen sich durch das ganze Buch und auch die Rolle der Götter wird eingebracht: Helena hat im Laufe der Zeit mehrere Begegnungen mit Göttern. Diese greifen begrenzt in die Ereignisse ein, wobei an zwei Stellen im Buch der Eingriff leider massiv unlogisch und langweilig erscheint: an einer Stelle wird Paris aus einem aussichtslosen Kampf einfach in sein Schlafzimmer versetzt, wo er in Ruhe weiterschläft.
An anderer Stelle wird die Kritik eines trojanischen Bürgers einfach übergangen, indem „vor aller Augen“ eine riesige Schlange aus dem Meer kommt und den Mann und seine Kinder verschlingt. Das hätte man sich auch sparen können ^^ – Man muss allerdings berücksichtigen, dass zumindest der Teil mit der Schlange in der antiken Überlieferung der Geschichte – es handelt sich ja um einen der ältesten griechischen Mythen, um die 3000 Jahre alt – tatsächlich so vorkommt.
Erzählkonsistenz
Da Helena die Erzählerin ist, sieht der Leser hier natürlich lediglich die trojanische Seite des Krieges, vor allem die Stimmung der Menschen in der belagerten Stadt und die wachsende Verzweiflung der Hauptfiguren. Was auf griechischer Seite passiert – zB. dass Achilleus sich weigert zu kämpfen – vermittelt George so, wie Helena es mitbekommt: durch Boten und Gerüchte. Dadurch entgehen dem Leser zwar einige interessante Ansichten der griechischen Seite, dafür ist die Geschichte zusammenhängend und ohne Sprünge zu verschiedenen Personen und Orten (ein anderer Troja-Roman hatte das gemacht).
Darstellung der Personen
Interessant ist – wie immer – die Darstellung der „historischen“ Hauptpersonen. In dieser Erzählung sind Helena und Paris in tiefer Liebe verbunden, wobei Helenas früherer Mann Menelaos als ehrenvoll und im Grunde positiv beschrieben wird. In anderen Romanen gibt Menelaos oft das Bild eines widerlichen Schwächlings ab, der seinen Bruder zur Hilfe ruft, um die weggelaufene Frau einzufangen.
Agamemnon, der sonst häufig als willensstark und heldenhaft erscheint, ist hier ein ekelhafter, gieriger Lüstling. Der große Achilleus, den Helena schon als Kind kennengelernt hatte, war und ist hier eine nervige, egoistische, boshafte aber starke Figur. Hektor dagegen erscheint als edler und tapferer Held, die Hoffnung Trojas.
Während alle Personen bekannte und auf irgendeine Weise überlieferte Figuren sind, hat Margaret George zwei Personen hinzugedichtet, die Helena nahe stehen und sie nach Troja begleitet haben. Briseis, eine Appollon-Priesterin, um die der Streit im Lager der Griechen zwischen Agamemnon und Achilles entbrennt, fehlt allerdings in dieser Geschichte. Ansonsten ist alles da, was Rang und Namen hat, eine vollständige Geschichte unter Einbeziehung des bekannten Troja-Mythos.
Bis auf die beiden oben erwähnten Cliffhanger-Ausrutscher, die von den Göttern geklärt werden, eine sehr schöne Erzählung. Obwohl es bestimmt 10 Jahre her ist, seit ich den letzten Troja-Roman gelesen habe, konnte das Buch mein Interesse an der Materie wieder erwecken. Gleich nach dem Lesen hab ich mir nochmal den Film Troja mit Brad Pitt angesehen (der im Vergleich zu allen Büchern weit hinten liegen bleibt) und mir wieder einige angesprochene Personen und Prophezeiungen ergoogelt. Also: ein schön geschriebenes Buch mit bekanntem Inhalt.
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