Meine Bachelorarbeit über die römischen Wasserleitungen nach Köln und Mainz kommt in die heiße Phase (Abgabetermin 11. März), daher bin ich zappelig geworden und wollte mir das Zeugs, über das ich schreibe, mal selbst anschauen. Die beeindruckenden Überreste des Mainzer Aquädukts hatte ich mir ja schon im Herbst angesehen.
Also unternahmen Pierre und ich von Freitag auf Samstag eine Odyssee (ich sag nur: Baustellen! Und komisch freundliche Menschen oO) in Richtung Köln, in der Hoffnung, schöne Einblicke ins Kölner Aquädukt, bekannt als „Eifelleitung“ zu bekommen. Hier gibt es einen ganz kurzen Abriss unserer Erlebnisse, und selbstredend auch ein paar aussagekräftige Fotos :D
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Die Wasserleitung nach Köln (griffiger römischer Name: Colonia Claudia Ara Agrippinensium) ist vom weitesten entfernten Punkt 94,5 km lang und damit eine der längsten römischen Wasserleitungen überhaupt. Leider verläuft sie größtenteils unterirdisch, also nix mit tollen großen Brücken und so. Trotzdem spannend (sonst würd ich ja nicht drüber schreiben <3)!
Der Fahrt ging eine vorbildliche Recherche meinerseits voraus, die beinhaltete, alle angepeilten Etappenziele per GPS-Punkte zu lokalisieren und auf Google Maps im Handy verfügbar zu machen, naheliegende Adressen fürs Navi ausfindig machen und dazu natürlich auch mir die Umgebungen vorab schon mit Google Maps anzuschauen, um zu wissen, auf was man sich da überhaupt einlässt. Den Rest sollte dann das Navi im Auto übernehmen.
Auf den Spuren der Eifelleitung bei Köln
Unser erstes Ziel: Die Brunnenfassung „Grüner Pütz“ (hier auf Wikipedia) bei Nettersheim. Sie ist der Anfangspunkt der Leitung, also der am weitesten von Köln entfernte Punkt der Leitung, und das Wasser musste von dort aus die erwähnten 94,5 km bis nach Köln runterblubbern.
Das Ding liegt in einem Tal, zwei Kilometer oder so von der nächsten Ortschaft entfernt. Von oben hatte das alles relativ übersichtlich ausgesehen, zwischen uns und dem „Grünen Pütz“ hätte lediglich ein Feld, Eisenbahn, Feld, Bäume und ein Bach oder sowas irgendwo liegen müssen.
Vor Ort stellte sich die Lage allerdings etwas anders dar: Erst der Bach, der in Wirklichkeit eher ein Flüsschen war und nicht einfach so übersprungen werden konnte. Dann eingezäuntes Privatgelände, dann erst die Eisenbahnschienen. Aber erstere beiden Punkte ließen die Schienen gar nicht erst in den näheren Blickwinkel rücken. Also konsultierten wir per Handy wieder die Satellitenansicht und fanden einen Flussübergang in Form einer Brücke etwa 1,5 km im Tal westwärts.
In dem Moment regnete es nicht, daher machten wir uns auf den Weg und fanden einige Zeit später tatsächlich eine Brücke. Die aber mit Gitter abgesperrt und verschlossen war, auf der anderen Seite stand ein Bauernhaus oder sowas. Also offensichtlich eine Privatbrücke. Schön! Während wir grummelnd umkehrten, ergingen wir uns in Phantasien darüber, wie die Römer mit der Situation umgegangen wären: Das Haus konfiszieren und gegebenenfalls einfach niederbrennen. Die Römer waren da immer sehr pragmatisch!
Wir planten dann einfach zurück zum Taleingang zu fahren und zu schauen, ob man auf der anderen Seite irgendwo zur Brunnenstube kommt. Ein untermalender Regenguss setzte ein und ließ die Fahrt zur Schlammschlacht werden. Am Taleingang befand sich natürlich groß und breit ein Hinweisschild für die römische Quellfassung. Ab dann war es eine einfache Sache. Passend zur Ankunft hörte der Regen auch schon wieder auf und blauer Himmel tauchte auf. Einfach krasse Wetterumschwünge an dem Tag.
Die Quellfassung „Grüner Pütz“
Dann gab es aber Gelegenheit, die Quellfassung gebührend zu bewundern und zu fotografieren und sich daran zu erfreuen, dass da noch immer fein Wasser am Rumgluckern war.
Die Brunnenstube „Klausbrunnen“
Als nächstes Etappenziel stand eine weitere Quellfassung auf dem Plan, der „Klausbrunnen“ bei Kallmuth. Das Navi leitete uns schön dahin, allerdings war die Landstraße etwa einen Kilometer vor dem Zielpunkt gesperrt wegen Baustelle. Keine Möglichkeit, sich da irgendwie durchzumogeln. Also wieder zurück, das meckernde Navi ignorieren und irgendwie 5 km Umweg durch die Walachei in Kauf nehmen, um von der anderen Seite zum Brunnen zu kommen. Das Navi leitete uns dann nochmal schräg oberhalb am Brunnen vorbei, so dass wir auf einem Feldweg, beidseitig von Stacheldraht eingezäunt (Hilfe?), irgendwie wenden mussten. Das Auto hat schon ziemlich gelitten an diesem Tag.
Der Klausbrunnen war dann auch genauso spektakulär, wie ich es immer gelesen hatte. Toll!
Verkalkte Leitung in Kreuzweingarten
Weiter ging es nach Bad Münstereifel. An der dortigen katholischen Kirche sollte es Säulen aus „Aquädukt-Marmor“ geben. „Aquädukt-Marmor“ ist nichts anderes als ein Kalkstein, der sich durch das Kalkwasser in der römischen Leitung über die Nutzungsdauer abgesetzt hat und am Ende bis zu 30 cm dick war, siehe Bild.
Die findigen Leute im Mittelalter kamen mit der Spitzhacke an, haben den Römerkanal weggehackt, den Kalkstein in großen, dicken Platten rausgehauen und daraus schöne Dinge gemacht, wie z.B. Säulen und Grabplatten. Poliert sieht dieser „Aquäduktmarmor“ nämlich ziemlich hübsch aus, weil er schöne Streifen ausbildet, die durch das stetig fließende Wasser sich dort angesetzt haben. Beispiele dieses „Aquädukt-Marmors“ aus der Kölner Eifelleitung finden sich in ganz Europa, das Zeug war wirklich ziemlich begehrt.
Aquäduktmarmor in Bad Münstereifel
In Bad Münstereifel, schöne Heimatstadt von Heino, gab es auch einen Parkplatz direkt neben der Kirche. Den wollten wir ansteuern. Aber mitnichten! Der Weg war versperrt, wir kamen nicht vorbei (Baustelle sei Dank). Also hieß es außerhalb des Städtchens parken und reinlaufen. Zuvor allerdings machten wir Bekanntschaft mit einer netten Frau. Auf dem Parkplatz außerhalb hatte sich eine Menschentraube am Parkscheinautomat gebildet. Als ich Anstalten machte mich auch anzustellen, kam von der Seite eine Dame auf mich zu, drückte mir ihren Tagesparkschein in die Hand und meinte „Hier, bitteschön, damit können Sie bis morgen früh kostenlos parken“. Einen irritierten Blick meinerseits und eine überschwängliche Danksagung später machten wir uns auf den Weg in die Stadt. Wir fanden Kirche und „Aquädukt-Marmor“-Säulen auf Anhieb. Ehrfürchtig stellte ich beim Anfassen fest, dass sich der Stein wirklich ganz glatt und toll anfühlt und auch sehr schön ist.
Ein weiteres Stück „Aquädukt-Marmor“ sollte sich in Form der Altarplatte innen befinden, aber leider lag dort eine Tischdecke drauf und ich war mir nicht sicher, ob es nicht schon ein Akt der Kirchenschändung wäre, das Altartuch einfach wegzuziehen :/ Auf dem Rückweg aus der Stadt zum Auto setzte wieder ein ordentlicher Regenschauer ein. Pierre schaffte es, sein kohlesäurenhaltiges Limonadengetränk beim Aufmachen übersprudeln zu lassen, ich kippte mir dafür Kaffee aus einem coolen Coffee-to-go-Becher (MIT Deckel!) über die Jacke.
Eine gestapelte Leitung bei Köln
Ein oder zwei Etappenziele später kamen wir dann nach Hürth-Hermühlheim, Geburtsort unseres derzeit komatös darniederliegenden Michael Schumachers. Dort sollte es ein Stück „Doppelleitung“ zu sehen geben. Selbstverständlich war genau die Straße, die wir ansteuerten, NATÜRLICH wegen Baustelle gesperrt, der in Kauf zu nehmende Umweg hielt sich allerdings diesmal durch Parallelstraßen glücklicherweise in Grenzen. Wir parkten vor einer Realschule, laut Beschreibung sollte sich die Doppelleitung samt Schutzbau „hinter der Realschule“ befinden (hinter ist immer so ein doofes Wort wenn man nicht genau weiss, aus welcher Richtung geschaut wird). Wir fragten also erst eine junge Mutter auf dem Parkplatz, die etwas schockiert schaute, weil wir „geringfügig“ schlammig waren. Sie wusste allerdings nichts. Und eine zweite junge Mutter ebenfalls nicht. Das Desinteresse junger Mütter an archäologischen Denkmälern in unmittelbarer Umgebung ist leider signifikant hoch und sehr bedauerlich :/
Irgendwann fanden wir den Schutzbau samt Leitung allerdings selbst.
Unterwegs in Köln
Nach diesem Etappenziel ging es dann endgültig in die Kölner Innenstadt, wo wir eigentlich noch den Dom erklimmen und den Domschatz bewundern wollten. War allerdings für beides schon zu spät.
Am nächsten Tag, gestern, ging es erst in das Römisch-Germanische Museum neben dem Dom, wo wir uns lockere 3 Stunden aufhielten (was an Pierre lag, der jede einzelne Fibel, Gürtelschnalle und sogar einige Keramiktöpfe unbedingt fotografisch auf eine Speicherkarte bannen wollte… Pffff, Fibeln oO Bleiwasserrohre, DAS ist interessant! Gab leider nur 3 :-( ).
Anschließend erklommen wir den Dom, manche von uns dank mangelnder Höhenangst sogar bis nach ganz oben (das war ich :)) und konnten wieder ein paar schöne Fotos machen.
Der Domschatz danach ließ dafür so manchen Plünderfantasien aufkommen. So viel Gold, Silber und Reliquienschätze auf einem Haufen! Die Kölner Erzbischöfe verstanden es wahrlich, in Armut und Bescheidenheit zu leben. Fotografieren war nicht erlaubt, zu gerne hätte ich doch auch ein wenig Prunk hier im Plejadium zur Schau gestellt.
Das war unsere Köln-Tour. Wir wollten eigentlich auf dem Rückweg noch nach Mainz, aber da wir so viel Zeit in den Museen vertrödelt haben, war es schon zu spät und wir fuhren ignorant einfach an Mainz vorbei.
Hildesheim – Braunschweig
Vor zwei Wochen waren wir bereits auf Kultur-Tour, diesmal eher in nördlicher Richtung und anlässlich einer Römerausstellung in Braunschweig. Wir machten Halt in Hildesheim, weil im Hildesheimer Dom auch eine Säule aus „Aquädukt-Marmor“ zu sehen sein sollte. Aber auch hier war der Baustellenfluch schon in Kraft: um den Dom herum verwehrte uns eine Baustelle den Zutritt zum Dom.
Aber er wäre eh sicherlich zu gewesen. Ist zwar ein Weltkulturerbe, aber das ist in Hildesheim nicht so wichtig. Das andere Hildesheimer Weltkulturerbe, die Michaeliskirche, war zwar nicht von einer Baustelle umschlossen, aber eben einfach für Besucher nicht zugänglich. Schade.
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