Heute vor einer Woche war ich wieder zu Fuß unterwegs, um alte Wege zu verfolgen und die Topographie zu exploren. Meine Masterarbeit hat ein sehr regionales Thema: Der Wandel der Trassierung und die Nutzung von Landverkehrswegen von römischer Zeit bis ins hohe Mittelalter sowie deren Beeinflussung durch und auf Stadtgründungen am Beispiel Heidelbergs.
Da sollte man unbedingt die Gelegenheit nutzen, und sich das anschauen, über was man schreibt. Hilft erfahrungsgemäß ungemein dabei, sich alles besser vorzustellen und ein Gefühl für die Materie zu kriegen :D Außerdem schauen die profanen Spaziergänger immer so schockiert, wenn man da aus irgendwelchen Kuhlen im Unterholz rausgekrochen kommt :D
Auf der Jagd nach Hohlwegen!
Im Januar haben Pierre und ich uns schon den alten Weg zwischen Schönau und Ziegelhausen angeschaut. Letzten Donnerstag war ich auf dem Heiligenberg bei Heidelberg unterwegs. Er befindet sich auf der anderen Neckarseite gegenüber des berühmten Heidelberger Schlosses und hat eine ziemlich lange Geschichte. Im Mittelalter befanden sich dort oben zwei Klöster und – für mich interessant – ein Höhenweg, der über die Hügelrücken des Odenwaldes nach Nordosten führte. Die Bedeutung des Höhenwegs ist umstritten, auch, weil es erstmal einen ziemlich kräftigen Anstieg auf den Heiligenberg gibt. Das wollte ich mir anschauen.
Hier der GPS-Track (links, der rechte ist der aus Januar): 11 km.. laut GeoTracker, kann das wirklich sein..?!
Highlights der Lokalgeschichte
Die Stadt Heidelberg als solche gibt es erst seit etwa 1200, aber davor war trotzdem schon einiges los in der Gegend. Vor den Römern gab es nur Affen, das weiss ja jeder (Kampfansage, UFG!). Aber diese Affen haben auf dem Heiligenberg eine ziemlich imposante Wallanlage errichtet. Davon ist leider bis auf einen belaubten und verwachsenen Wall nicht mehr sooo viel zu sehen auf dem Berg. Der Wall fällt auch nur dann auf, wenn man davon weiß, oder wenn man wirklich mit offenen Augen durch den Wald geht und was finden will.
Zugegebenermaßen ist vom Aufenthalt der Römer bis etwa 260 nChr. in der Landschaft bis auf eine im Luftbild gut erkennbare, schnurgerade Straße zur Nachbarstadt Ladenburg genauso wenig zu sehen. Dennoch haben sie wichtige Grundlagen für die späteren Verkehrssysteme gelegt.
Heidelberger Geschichte: Von den Römern zu den Pfalzgrafen
[Hier geht’s zu meinem Video Wege in die Heidelberger Vergangenheit, das dieses Thema nochmals anschaulich aufgreift – anschauen, es ist sehr gut!]
Die Römer bei Heidelberg
Man schaut hier Richtung Südwesten und hat alles Wichtige von der vorrömischen Zeit bis ins hohe Mittelalter vor sich. An dieser Stelle setzte schon vor der Ankunft der Römer die Fernverkehrsstraße „Bergstraße“ über den Neckar. Die Bergstraße führte von Frankfurt aus am östlichen Rheingraben nach Süden. Genau hier haben die Römer im ersten Jahrhundert nChr. eine Brücke gebaut und sie im heutigen Neuenheim mit (nacheinander) mehreren Kastellen geschützt. Auch eine Siedlung ist auf beiden Seiten des Neckars entstanden.
Die roten Striche im Bild oben sind Straßen (bzw die Brücke), rot unterlegt gaaaanz ungefähr der römische Siedlungsbereich.
Als die Römer sich im 3. Jahrhundert an den Rhein zurückgezogen haben, verfielen die ungeschützte Brücke und die Siedlung. Den Neckar musste man nun zu Fuß durchqueren. Grauenhafter, unzivilisierter, brückenloser Zustand..! Der Neckar ist heute natürlich kanalisiert und schwerlich zu Fuß zu beschreiten, bis zur Kanalisierung Anfang des 20. Jahrhunderts sei er aber breiter, schneller und seichter gewesen, so dass es durchaus möglich war, einfach durch das Flussbett zu laufen.
Das Mittelalter und die Pfalzgrafen bei Rhein
Zu fränkischer Zeit (grob 500 – 850) lassen sich dann die beiden Dörfer Bergheim und Neuenheim belegen, die ungefähr dort entstanden, wo früher die römische Siedlung war. Allerdings entwickelten sich diese beiden Dörfer mitnichten zu unserer schönen Stadt Heidelberg, dies trug sich anders zu.
Im 12. Jahrhundert errichtete der Bischof von Worms 1,5 km östlich dieses alten Flussübergangs, tiefer im Tal zwischen dem Heiligenberg und dem Königstuhl, eine erste Burg, das castrum Heidelberg. Das ist (wahrscheinlich) noch nicht das heutige Heidelberger Schloss, sondern eine Burg auf der Molkenkur, die etwas höher auf dem Königstuhl lag und leider 1537 durch ein bisschen Pech, das mit Munitionsvorräten und einem Blitzeinschlag zu tun hatte, in seine Einzelteile zerlegt wurde.
Jedenfalls ging diese Burg irgendwann ab Mitte des 12. Jahrhunderts an den Pfalzgrafen bei Rhein, der (.. mit „er“ meine ich eher das Amt, also eine ganze Reihe von Pfalzgrafen nacheinander) ab dieser Zeit eine rasante Karriere am Königshof hinlegte und zu einem der 7 Königswähler wurde. Der Pfalzgraf wünschte sodann, seinen Status mittels einer angemessen Stadt zu repräsentieren und legte auf dem Reißbrett die neue Stadt Heidelberg unterhalb der Burg an.
Eine neue Brücke gab es nicht mehr an Stelle der alten römischen Brücke. Stattdessen erschien es dem Pfalzgrafen genehm, anderswo eine neue Brücke zu bauen. Es ist durchaus ärgerlich, wenn der Bergstraßenverkehr – wie er es seit Zeiten der Altvorderen getan hat – einen guten Kilometer entfernt an der Stadt vorbeizieht und ihr somit womöglich ein paar Taler an Einkünften verloren gehen. Also baut man im 13. Jahrhundert direkt bei der Stadt eine neue Brücke (Vorgängerin der heutigen berühmten „Alten Brücke“). Wer sie nutzen will, statt in der Furt nasse Füße zu bekommen oder eine vielleicht vorhandene Fähre am alten Flussübergang zu nutzen, der muss eben einen kleinen Umweg fahren. Denn Brücken sind eben sehr gut :D
Und weil die Konkurrenz in Prag und Wien auch sowas hatte, gründete der Pfalzgraf 1386 noch eine Universität. Sie vegetierte zunächst einige Zeit sehr „kümmerlich“ (Forschungsmeinung!) vor sich hin und stand keineswegs auf irgendeiner Exzellenzliste. Aber sie hat sich gemausert und ist jetzt der Grund, warum ich in der Gegend wohne und das hier überhaupt schreiben kann :D
Zurück zur Tour über den Heiligenberg
Richtig tolle und begeisternde Entdeckungen wie bei der Tour von Schönau nach Ziegelhausen habe ich nicht gemacht. Tatsächlich habe ich nur den Hohlweg gefunden, der von der Gegend der alten Brücke hoch auf den Berg führt und über ein paar hundert Meter wenige Meter entfernt parallel des heutigen Waldwegs verläuft. Direkt am Hohlweg, nicht sichtbar vom heutigen Weg, gibt es auch einen Markierungsstein mit der Jahreszahl 1792. Das zeigt, dass der Weg zu dieser Zeit noch immer genutzt wurde. Das ist zusammen mit weiteren Indizien, die das untermauern, eine wichtige Erkenntnis!
Die Bilder habe ich übrigens „nur“ mit der Handykamera meines Honor 5X gemacht (ok, plus ganz kleine Filter mit Photoshop). Dafür, dass die Kamera nicht überragend sein soll, lassen sich die Bilder wirklich sehen!
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