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Liebe Wohnung… Ein Abschiedsbrief

Rose im Schnee

Liebe Wohnung in Schönau,

unsere Wege werden sich in wenigen Wochen für immer trennen. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge schaue ich zurück auf unsere gemeinsame Zeit. Im Oktober 2012 zog ich ein, damals noch allein mit meinen Katzen, und hätte nicht gedacht, dass wir immerhin sechseinhalb Jahre zusammen verbringen werden.

Damals warst du mir eigentlich auch fast zu teuer (obwohl du für deine Größe nicht teuer bist!) – du hast mehr als meine gesamten Nebenjobeinnahmen als Studentin gefressen. Aber dafür war deine Lage in Schönau so toll, dass ich den Preis gern bezahlt habe!

Wir ziehen bald um! Das ist auch der Grund dafür, warum hier auf der Website gerade nicht so viel los ist. Stundenlang war ich abends immer damit beschäftigt, andere Farben für die neue Wohnung im Blender-Modell auszuprobieren, nach Miet-Lieferwagen zu zu suchen, neue Strom- und DSL-Tarife zu recherchieren, virtuell Möbel umzustellen – und natürlich mittlerweile auch mit Sachen schon mal packen und am Wochenende die neue Wohnung streichen. Dabei ist es kein weiter Sprung, nur rund fünf oder sechs Kilometer weiter.

Ja, deine Lage. Die werden wir alle – auch Pierre und die Katzen – schwer vermissen. Ich hatte dich unter anderem ja auch wegen dieser Lage ausgewählt: Am Ortsrand des ehemaligen Klosterstädtchens Schönau, direkt am Wald, aber etwas erhöht am Hang, so dass wir von unserer Terrasse über die Dächer bis runter in den Ort schauen können.

Direkt unter dem Haus vorbei führt nur eine einspurige, holperige Sackgasse noch weiter raus, und unten durch das Tal am Bach entlang gibt es eine Ortsverbindungsstraße zum noch abgelegeneren winzigen Nachbarort. Okay, im Sommer rasen da die Motorradfahrer hoch, aber sonst ist es einfach still. Kaum Autos – da freuen sich die Katzen!

Gemütlicher Abend
Gemütlicher Abend auf der Terrasse im August 2018

Dafür der Bach unten im Tal, der mit seinem Gluckern und manchmal auch Rauschen jedes Verweilen auf deiner Terrasse zu einem Erholungsurlaub gemacht hat. Und ja, die große Terrasse auf der Südseite – Sonne satt, mit so schöner Aussicht auf die großen Tannen direkt gegenüber auf der anderen Seite des Baches im Tal. Nach dieser Terrasse möchte ich nie wieder in einer Wohnung wohnen, bei der die Aussicht an einer Hecke an der Grundstücksgrenze endet! Ich hatte sogar eine Bildergalerie nur für dich angelegt: Hier die Galerie „Schönauer Farben“!

Nachts sorgten der rauschende Bach und die rauschenden Bäume draußen für eine beruhigende Hintergrundmusik – und der Uhu, der sich seit Jahren nachts mit seinem huu, huu! zurückmeldet <3 Ja, liebe Wohnung, du bist der schönste und chilligste Platz, an denen ich jemals gelebt habe.

Zwar schrecklich abgelegen mit nur einem Bus pro Stunde und ab 20 Uhr gar keiner mehr. Aber dafür ein Edeka fast in Wurfreichweite. So praktisch! Und überhaupt, Schönau – ein 5000-Seelen-Städtchen mit immerhin drei Supermärkten und einem sehr idyllischen Ortskern. Und einem Wanderweg direkt vor der Haustür. Es waren wirklich schöne Jahre! Deswegen das weinende Auge zum Abschied.

Es gibt auch ein lachendes Auge. Denn du hattest ja auch ein paar Nachteile – zu vielen davon gibt es sogar einen eigenen Beitrag. Direkt an der Terrasse entlang verläuft ja schließlich der Weg vor dem Haus, der ständig von den mindestens sechs weiteren Hausparteien begangen wird. Es ist wirklich schön auf der Terrasse, aber es stört, wenn ständig jemand vorbei läuft, der dann kommentiert, was wir tun.

„Och, genießen Sie die Sonne, wie schön“, oder „Ihr grillt ja schon wieder, guten Appetit“ oder einfach nur „Hallo“. Klar, das ist nett, aber man möchte ja auch mal in der Hängematte liegen und träumen, ohne dass man dabei von zig Leuten gesehen wird. Und wir mussten immer aufpassen, dass im Schlafzimmer die Vorhänge gut zugezogen sind, sonst könnte man uns bis ins Bett schauen. Genau wie im Wohnzimmer – sonst blieb denen draußen nichts verborgen.

Das größere Problem war aber dein Eigentümer. Mit dem Vermieter hatten wir ständig Ärger. Oder eher mit seiner Küche, die er laut seinen Worten „vor zwanzig Jahren gebraucht gekauft habe“, damit die Mieter eine „gute Küche für 2000 €“ in der Wohnung haben. „Der Kühlschrank ist recht neu, aber der Eisschrank wird auch 20 Jahre alt sein“. Mit dem Eisschrank hatten wir keine Probleme, dafür aber mit der ungefähr genauso alten Mikrowelle, die irgendwann abgeraucht ist.

Die Küche selbst treibt es aber auf die Spitze. Sie hat keine Fenster, sondern durch deine Hanglage nur einen Lichtschacht. Man gewöhnt sich an die Aussicht einer vermoosten Betonwand mit Spinnweben und vielen großen Käfern – aber eigentlich ist die Küche ein kühler Keller. In dem man kocht. Ohne Dunstabzugshaube. Heißt: Die Küche ist immer feucht, wir hatten Probleme mit Schimmel und mit aufgequollenen Küchenmöbeln (alle Beiträge dazu). Der kleine Wasserschaden durch den Boiler im Bad waren dagegen Peanuts.

Aber seit einem Dreivierteljahr oder mehr haben wir unter der Spüle erst tropfendes Frischwasser, dann auch tropfendes Abwasser. Eine alte Küche gibt eben irgendwann auch auf. Okay, beim Frischwasser ist es wohl eine fehlende Dichtung?

Der Vermieter hatte im Mai oder Juni eine neue Wasserleitung in die Küche gelegt und dafür auch Fliesen aus der Wand geschlagen (die Wand ist noch immer nackt – mitten im Sichtfeld) und eben auch die Spüle ausgebaut, und danach tropfte es. Wir haben es ihm gemeldet, und er wollte es machen.

Rose im Schnee
Schneerose vor der Wohnung

Aber wie es eben so ist mit Vermietern: Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss und daran braucht man ihn nicht jedes halbe Jahr erinnern. Ich erinnerte ihn aber nach einem halben Jahr nach seiner Rückkehr aus einem mehrwöchigen Urlaub doch daran. Das machte ihn sehr wütend. Eines Abends kam er vorbei, in der Hand meinen Brief mit der schriftlichen Erinnerung. Und er begann zu schimpfen und meine handwerkliche Kompetenz in Zweifel zu ziehen. „Sie haben doch studiert, und Sie können nicht einmal Ihre Wasserinstallation reparieren?! Das ist unglaublich und ein Armutszeugnis für das Bildungssystem!“.

Ich wäre beinahe auf ihn losgegangen. Es war ein langes Gespräch, in dem Pierre auch vermitteln und deeskalieren musste. In meinem Brief hatte ich auch auf

  • die fehlenden Fliesen,
  • die defekten Geräte,
  • die fehlende Deckleisten an und unter den Arbeitstheken und
  • auf fehlende Fliesen im Bad hingewiesen

und geschrieben, dass uns das stört. „DAS STÖRT SIE?! Machen Sie es doch selbst! Sie wissen ja gar nicht, was ich hier am Haus alles zu tun habe!“.

Außerdem wirft er uns vor, dass wir das tropfende Wasser nicht bemerkt hätten und dass die Küche deswegen so aufgequollen wäre. Ich habe noch Kopien von den Mängelmeldungen, die ich ihm geschickt habe – und noch viel besser: Bilder von kurz nach dem Einzug, die zeigen, dass es schon damals so schlimm aussah.

Darauf kam von unserem Herrn Vermieter aber keine Antwort und deswegen erzählt er den derzeitigen wohnungsbesichtigenden Interessenten weiter seine Story, dass wir die Küche ruiniert hätten.

Regenbogen in Schönau
Das ist nicht der schönste Regenbogen ever… aber ich glaube, Schönau wollte mich grüßen :D Der Regenbogen erschien heute, als ich nach der Arbeit nach Hause kam. NACHDEM ich diesen Text schon fertig hatte! :D

Ja, wir waren im Recht und wir hätten auch darauf bestehen können, dass der Vermieter all diese Mängel in Ordnung bringt. Oder wir die Miete mindern. Aber ich scheute mich vor einem derartigen Rechtstreit, leider.

Stattdessen suchten wir uns eine neue Wohnung. Und damit schließe ich auch, meine liebe Wohnung. Bis auf die Küche und deinen Eigentümer bist du wirklich ein toller Typ und wir werden vieles an dir sehr vermissen. Die schönen Stunden auf der Terrasse, die stillen Nächte mit dem Uhu draußen und die unglaublich vielfältigen Aussichten in unserem kleinen Tal werde ich niemals vergessen.

Danke für eine schöne Zeit!

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