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Mikrowelle, wo muss ich dich drücken?

Mikrowellen-Automenü

So muss sich die Großelterngeneration fühlen, wenn ihr Enkel sie das erste mal vor einen Computer setzt: Mmmmh, was soll ich denn jetzt machen? Wie geht das alles? Wozu das ganze? Es geht doch auch ohne dieses Ding? Genau das sind meine Gedanken, wenn ich vor unserer neuen Mikrowelle stehe und das Bedürfnis habe, irgendwas aufzuwärmen.

Ein Rad und ein paar Schalter und alles ist gut!

Aber drehen wir die Zeit kurz zurück. Klar weiß ich, wie man eine Mikrowelle bedient. Ältere Mikrowellen. Mit Zeitstellrad und Schaltern für die Wattzahl (oder von mir aus auch geringe, mittlere oder starke Einstellung). So kenn ich es aus dem Elternhaus und die ersten ein bis zwei Jahre auch in meinem aktuellen Heim. Dazwischen habe ich jahrelang ohne Mikrowelle gelebt, und zum Glück ist die Mikrowelle hier vermutlich noch älter als die zu Hause damals bei meinen Eltern – ich kam ganz gut damit zurecht, wenn ich sie alle paar Wochen mal benutzt habe. Dann verabschiedete sich die Mikrowelle irgendwann mit einem lauten „poff“ und einer kleinen Stichflamme im Inneren aus ihrem langen Leben und mit dem mikrowellenlosen Zustand lebten wir die letzten Jahre.

Klar, unserem Vermieter sagte ich Bescheid. Ich ging davon aus, dass er die Mikrowelle ersetzen wird, schließlich stammt sie vermutlich aus dem letzten Jahrtausend (die Seriennummer führte im Internet jedenfalls nicht zu einer Produktbeschreibung). Aber nein, das tat er nicht. „In Ihrem Mietvertrag steht wie in allen meinen Mietverträgen, dass die Küche nicht Bestandteil der Mietsache ist und Sie die Geräte selbst ersetzen müssen, wenn sie kaputt gehen.“ Okay, etwas unfair, wenn man uralte Geräte vermacht bekommt, die eben irgendwann den Geist aufgeben. Aber naja, ich war Studentin, knapp bei Kasse und brauchte auch gar keine neue Mikrowelle. Also blieb die alte, verschmauchte Mikrowelle in der Küche.

Neu ist immer besser – oder?

Nun steht aber bald ein Umzug an. Wir haben eine neue Wohnung gefunden und lassen die vermoderte, baufällige, ständig tropfende Küche mit kaputter alter Mikrowelle zurück. Hach, wie ich mich freue! Aber Obacht. Laut Mietvertrag sind wir dazu verpflichtet, die defekte Mikrowelle noch zu ersetzen. Ob diese Zusatzklausel zum Vertrag zulässig ist oder nicht (der Mieterverein sagt nein) – ich sah in der Cyber Monday-Woche im November eine schicke, moderne Mikrowelle im Sonderangebot und schlug zu.

Alte Mikrowelle
Nicht schick, aber verständlich: Darf ich vorstellen? Die alte Mikrowelle
Neue Mikrowelle
So sieht die Zukunft des Grillens, Garens, Aufwärmen und Auftauens aus!

Und da haben wir nun diese futuristische Mikrowelle, glänzend weiß, mit Piktogrammen und berührungssensitiven Tastenfeldern. Sie starrt mich an und scheint wie die Automaten in Science-Fiction-Filmen nur auf meine Eingabe zu warten, um mir das gewünschte Essen herzustellen. Ich starre zurück, in der Hand einen Teller mit Lasagne von gestern, und hab keine Ahnung, wie man das Ding bedient.

Normalerweise hätte ich jetzt eine relativ niedrige Stärke eingestellt und die Mikrowellen drei Minuten ihre Arbeit machen lassen. Aber wo stellt man denn nun hier die Stärke ein? Es gibt mehrere Tasten mit Gewichtssymbol (woher soll ich denn wissen, was meine Lasagne wiegt?) und mit dem Auftau-Symbol (ich will ja nix auftauen). Zwei Tasten allein haben die Beschriftung „1 Min“ und zwei weitere sind für 10 Sekunden und 10 Minuten da – was spricht gegen ein normales Zeitstellrad? Ganze sechs Tasten bilden irgendwelche Auto Menü-Mahlzeiten ab, eine Lasgne oder ein Stremel-Lachs ist leider nicht dabei.

Ist Lasagne eher eine Ofenkartoffel oder eine Pizza?

Okay, selbsterklärend geht anders, das war mir sofort klar. Daher ist die Bedienungsanleitung mein bester Freund, wenn ich etwas aufwärmen will – also alle drei bis vier Wochen. Jedes Mal aufs Neue blättere ich durch und versuche zu ergründen, wie ich das super-Grill-Auftau-Gar-Gerät dazu bringe, schonend mein Essen aufzuwärmen. Jedes Mal finde ich einfach nicht das, was ich suche, weil es offenbar zu einfach ist, als dass man es erklären muss. Und okay, ja, ich verliere dann auch schnell die Geduld und werde bockig. Dann explodiert der Fisch halt. Beim Saubermachen der Mikrowelle schwöre ich mir immer wieder, dass ich sie nie wieder benutzen werde.

Es scheint einfach, als hätte ich mittlerweile 30 Generationen von Mikrowellenverbesserungen verpasst. Mit der Zeit haben sich einfach viele neue Funktionen eingeschlichen, die immer mehr zum Standard wurden. Wahrscheinlich kann jeder Student mit zwei Tastendrücken seine Lasagne so perfekt aufwärmen, dass sie schmeckt wie damals von Oma frisch aus dem Ofen. Nur ich weiß nicht, ob zu meiner Lasagne eher das Ofenkartoffelbild passt oder die Mahlzeit oder die Pizza. Oder ob ich das Gewicht einstellen soll und auf welche der beiden Minutentaste ich nun drücken muss, um die Zeit einzustellen.

Mikrowellen-Automenü
Mit welchem Automenü wärme ich meine Lasagne auf?

So sieht heillose Überforderung aus. Mein Gott, genauso muss sich meine Mutter damals gefühlt haben, als ich ihr vor der Jahrtausendwende eine bebilderte Schritt-für-Schritt-Anleitung schrieb, wie sie den Rechner im Keller bootet, mit dem Modem eine Internetverbindung herstellt, dann die T-Online-Software öffnet und auf den Briefkasten klickt, um Mails abzurufen und zu schauen, ob mein Vater von seiner Dienstreise in den USA geschrieben hat. Man könnte ja auch einfach telefonieren.

„Versteh‘ ich nicht“ – Abgehängt von der Technik

Naja. Diese Mikrowelle und ich werden wohl keine Freunde mehr. Pierre wohl auch nicht. Er weihte die Mikrowelle im November mit einer belgischen Waffel ein: Souverän drückte er irgendwelche Tasten und startete das Gerät. Nach kurzer Zeit drang dichter Rauch aus den Ritzen und wir sahen: In der Mitte der Waffel war nur noch ein schwarzer, geschmolzener Bollen Zucker übrig. War wohl zu viel. Tagelang stank es nach verbrannter Waffel. Herrje. Was soll ich nur tun, wenn ich mir irgendwann mal eine moderne Waschmaschine kaufe? :D Hätte nicht gedacht, dass Technik mich mal irgendwann so abhängen kann. Fühle mich alt :-/

Kennst du dieses Gefühl auch? Erzähl schon! :D

Kommentare

Eine Antwort zu „Mikrowelle, wo muss ich dich drücken?“

  1. Was denn nun? Entweder ist es Bestandteil des Mietvertrages. Dann muss er sie auch ersetzen. Oder es ist nicht Bestandteil, dann brauchste auch keine neue Mikrowelle kaufen.

    Solche Vermieter hab‘ ich ja lieb… :-)

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