Für dieses Jahr ist Weihnachten schon wieder rum, aber das Thema hat mich trotzdem weiter beschäftigt, und deswegen gibt’s jetzt einen nachweihnachten Beitrag über Weihnachten. Jedes Jahr würde ich gern wieder die kindliche Vorfreude auf Weihnachten erleben und das Gefühl haben, dass Weihnachten ist. Und jedes Jahr scheitert es aufs Gröbste. Aber warum eigentlich?
Für diesen Beitrag hab überlegt, was denn Weihnachten als Kind – natürlich subjektiv gesehen – so besonders macht. Vielleicht gelingt es mir ja nächstes Jahr, mit den Erinnerungen aus diesem fast-schon-Tagebucheintrag hier, es wieder besser hinzubekommen.
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Weihnachten 2020 – Der Gipfel der Unweihnachtlichkeit
Dieses Jahr sind wir wegen Corona an Heiligabend erstmals zu Hause geblieben. Das hatten wir uns schon Ende November überlegt, aber ich hatte dann den Vorsatz, ausnahmsweise zu Hause ein bisschen weihnachtlich zu dekorieren, vielleicht sogar mit einer kleinen Tanne. Und Plätzchen wollte ich backen. Das kann doch beides nicht so schwer sein und ist eigentlich das Mindeste, was man für eine gemütliche Weihnachtszeit tun kann. Bisher hatten wir bis auf einen Adventskranz letztes Jahr keinen eigenen Schmuck und auch keine Plätzchen – beides gibt es ja in Hülle und Fülle im Elternhaus.
Aber dann? Der Dezember verging und ich lief an allen Tannengestecken im Supermarkt vorbei, wie auch an den Weihnachtsbaumverkaufsständen. Mh, 8 € für ein paar Tannenzweige mit Schleifchen dran, und ich hab doch keine Zeit, das zu genießen, so mein Gedanke. Und ach, ist doch nicht so wichtig. Und einmal erinnerte mich Pierre sogar während des Einkaufs daran, dass ich doch Plätzchen machen wollte. „Keine Zeit“ und „Weiß nicht, wie das geht“, grummelte ich und wiegelte ab.
So kamen und gingen die Adventsonntage und ich realisierte sie kaum. Stattdessen ließ ich mir früher als sonst Geschenke liefern und packte sie im Grunde nur von einem Paket ins nächste, um sie woandershin weiter zu schicken. Grotesk ist das eigentlich… Dieses Jahr ist Weihnachten ein Paket-umpacken-Fest geworden.
Und an Heiligabend, dem schönsten Tag in den Jahren meiner Kindheitszeit – von morgens bis abends durchgetaktet mit dem immer gleichen Programm, voller Vorfreude und Gemütlichkeit – saß ich bis am Nachmittag an meinen Let’s Plays für YouTube. Ein Tag wie jeder andere. Danach ein bisschen Haushalt und dann Kartoffelsalat – immerhin das wollte ich mir nicht nehmen lassen :D Bei uns im Elternhaus gab und gibt es traditionell immer Kartoffelsalat und Würstchen. Das ist so wenig Aufwand, dass sogar ich das hinbekommen konnte.
Und dann – abends am Heiligabend? An normalen Tagen essen wir abends immer am Wohnzimmertisch und lassen dabei Netflix laufen. An Heiligabend hatten wir vor, einen Weihnachtsfilm-Marathon zu machen: Stirb Langsam 1 und 2 :D – Also hätte es sich angeboten, direkt bei Kartoffelsalat und Würstchen damit anzufangen.
Aber dann war alles fertig und ich hatte kein gutes Gefühl. Das Heiligabend-Mahl wie jedes normale Essen vor dem TV? Ist das dann nicht wirklich „too much“ Grinch? Kurzerhand räumte ich doch um. Wir deckten den Esstisch, um erstmals seit Jahren dort wieder unsere Hauptmahlzeit einzunehmen. Ich kramte den verstaubten, aber doch noch leicht nach Tanne duftenden Adventskranz vom letzten Jahr sowie eine einzelne Kerze raus, und so hatten wir dann doch noch einen Hauch von Weihnachten und ich war halbwegs zufrieden.
Das verlorene Weihnachten
Bis ich tags darauf dieses Bild von Evgeny Lushpin sah, das auf einen Schlag meine Sehnsucht nach der als Kind erlebten Weihnachtszeit erweckte. Zugegebenermaßen habe ich eine Schwäche für historische oder historisch anmutende Gemälde, die „die gute alte Zeit“ darstellen. Ewig versinke ich in neuzeitlichen Bildern von alten Mühlen und matschigen Straßen, von Bauernhöfen mit Ochsenkarren davor und alten Stadtansichten.
Deswegen ist es kein Wunder, dass dieses Bild meinen Geschmack trifft und mich instant irgendwie melancholisch machte: Ich hatte mal wieder das Gefühl, Weihnachten verloren und irgendwas verpasst zu haben.
Natürlich ist mein kindliches Weihnachtsgefühl schon lange nicht mehr da. Aber fast jedes Jahr trauere ich ihm aufs Neue nach und hoffe, es irgendwie wieder aufleben lassen zu können – deswegen auch mein diesjähriger erfolgloser Plan mit Weihnachtsdeko und Plätzchen :D
Weihnachten, was ist das eigentlich? Klar, eigentlich Heiligabend plus die beiden Weihnachtsfeiertage. Normalerweise sind wir zu Weihnachten in meinem Elternhaus, und da hat sich am Ablauf insgesamt nicht sooo viel geändert. Kartoffelsalat und Würstchen, die strahlende Nordmanntanne mit echten Kerzen, ein sanftes Weihnachtsoratorium, im Wohnzimmer zusammensitzen und Geschenke auspacken. Nur der Alkohol, der dabei fließt, den gab es damals als Kind natürlich nicht ^^
Aber dieses Heiligabend allein reicht nicht, finde ich, um das Gefühl von Weihnachten zu bekommen. Was müsste man tun, um wieder Weihnachten zu haben? Ich bin auf der Suche nach Weihnachten! ^^
Durch das verlinkte Bild habe ich mal in meinen Erinnerungen gekramt und halte hier in diesen Beitrag fest, was für Klein-Lucyda Weihnachten ausmachte. Okay, klar, in der Rückschau romantisieren sich die Erinnerungen und ich blicke auf die Weihnachtszeit als eine Aneinanderreihung von Schnee, Orangen, Süßigkeiten und Wärme zurück, aber das war es sicher nicht. Das ist aber egal, dieser Beitrag dient zum Schwelgen, und als Erinnerungsstütze :D
Mir ist auch bewusst, dass ich vielleicht privilegierter aufgewachsen bin als andere Kinder in meinem Alter und somit etwas vermisse, was andere vielleicht nie so hatten. Ein großer Teil meines Weihnachtsgefühls habe ich meiner Mutter zu verdanken, die jedes Jahr aufs Neue die Weihnachtszeit zu einer wunderschönen und denkwürdigen Zeit gemacht hat. In diesem Sinne ist das hier auch eher ein Tagebucheintrag mit Erinnerungen an eine Kindheit im Einfamilienhaus mit klassischer Rollenverteilung in der Familie. Ich hoffe, damit niemanden zu triggern.
Ich weiß, mit diesem Beitrag klinge ich gewissermaßen etwas omahaft, jaja, daaamals, da gab es noch richtige Weihnachten. Aber ja, so ist es :D Ich vermisse dieses kindliche Weihnachten und alles, was dazugehörte, und vielleicht wecke ich mit meinem Beitrag auch bei dem einen oder anderen Leser wohlige Gedanken :D
Weihnachten – das war für mich als Kind kein Tag, an dem es Geschenke gab oder eine Deadline, bis zu der alle Geschenke geliefert und verpackt sein müssen, wie heute. Weihnachten war eher ein Gefühl, das sich über eine Aneinanderreihung schöner Highlights in wenigen Wochen erstreckte und in Heiligabend gipfelte.
Laternenlauf am Martinstag
Weihnachten begann für uns, also für eine beiden jüngeren Geschwister und mich, eigentlich schon zum Martinstag Mitte November. Vermutlich kennen das die meisten: Vom Kindergarten organisierte Laternenläufe. Da wurden die dicken Jacken, die gefütterten Stiefel und die von Oma gestrickten Handschuhe (mit einem langen Seil miteinander verbunden) ausgepackt, und es ging abends nochmal raus. Jedes Kind mit einer Laterne, die von einem dünnen, hölzernen Stiel baumelte – mit echter Kerze drin. Während ich das schreibe, hatte ich sogar kurz den Geruch einer Faltlaterne in der Nase.
Ich hätte das aber nicht so gut in Erinnerung, wäre ich nicht die Älteste von drei Geschwistern gewesen, so dass ich mehrmals dabei war. Und ich erinnere mich ganz gut an die Zweierreihen Kindergartenkinder, den Laternenschein und manchmal das Gebrüll eines Kindes, wenn seine Laterne in Flammen aufging – allerdings recht selten :D
Spätestens, als meine sechs Jahre jüngere Schwester soweit war, bastelte unsere Mutter die Laternen immer selbst, aus festem Tonpapier und lichtdurchlässigem Transparentpapier. Die Laternen erst selbst zu basteln und dann draußen auszuprobieren ist natürlich nochmal etwas ganz Besonderes.
Im Dunkeln draußen zu sein, die Kälte und das Kerzenlicht – das war es, was für mich die Weihnachtszeit einläutete und schon mal eine Vorschau auf die kommende Zeit gab.
Ohne Adventskalender kein Weihnachten
Ich gebe es zu: Auch jetzt noch geht es nicht ohne Adventskalender :D Pierre weiß das und kauft mir ohne zu murren rechtzeitig einen Kalender.
Früher hat unsere Mutter uns unterschiedliche Adventskalender besorgt. Als ich noch sehr klein war und meine Mama noch nicht selbst bastelte, gab es ganz einfache, sehr günstige Kalender mit klassischem Weihnachtsmannmotiv von Windel, wie der, den ihr neben dran seht.
Hinter den Türchen versteckt gab – nein, gibt! es Schokolade, die in Form von altertümelnden Weihnachtsgegenständen gegossen ist: Glocke, Schaukelpferdchen, Lebkuchen, Stern.
Ich glaube, diese Motive auf dem Kalender und in den Türchen haben meine Vorstellung von Weihnachten schwer geprägt. Hier sucht man Elektrizität vergebens. Der Weihnachtsmann verschenkt weder Lego-Technik, noch Plastikxylophone, noch rosa Barbie-Wohnmobile oder Bilderbücher mit integriertem Soundmodul, sondern ganz einfache Dinge: Einen Teddybären, eine Holzeisenbahn, eine Stoffpuppe. Auf dem Weihnachtsbaum brennen echte Kerzen und durch das Fenster sieht man eine verschneite Landschaft. Manchmal knistert im Kamin noch ein Feuer.
Draußen kalt und verschneit, drinnen warm und heimelig und Geschenke „mit Seele“ – das ist es, was mir schon immer gefiel. Ich sage ja: Die historisierenden Darstellungen treffen bei mir einen Nerv :D Vielleicht bin ich auch sehr geprägt von Weihnachtsmärchen, Astrid Lindgrens Madita oder von Jugendbüchern, die noch aus der Zeit der Kindheit meiner Mutter stammen – und da war es eben noch so: Es gab keine Geschenkelawine zu Weihnachten, wie das heute der Fall ist, sondern eher kleine Aufmerksamkeiten.
Zurück zu den Adventskalendern. Später bastelte unsere Mutter die Adventskalender meistens selbst. Ich erinnere mich an 24 Häuschen aus Tonpapier, mit Schneespray besprüht und goldenem Edding nummeriert. Und natürlich an die an einer Schnur aufgehängten Beutel. Meine Güte, hat sie sich da einen Aufwand gemacht mit ihren Kalendern für drei Kinder. Das morgendliche Suchen des passenden Türchens und Schauen, was drin steckt, ist etwas, das ich nie ablegen konnte, auch heute nicht.
Auch heute mag ich Adventskalender am Liebsten, die nicht einfach nur Lindt-Schokokugeln enthalten. Ein ordentlicher Weihnachtskalender muss ein klassisches Weihnachtsmotiv haben – das gehört zur Stimmung! – und sollte auch im Idealfall abwechslungsreich bestückt sein.
Eigentlich sind die günstigen Windel-Kalender mit ihren Engeln, Sternen und Trompeten aus Schokolade nach wie vor das Beste, meiner Meinung nach :D
Nikolaustag und die heilige Nikolaustüte
Das nächste größere Event in der Weihnachtszeit nach dem Martinstag und dem 1. Dezember (Adventskalender!) ist der Nikolaustag. Das war bei uns immer etwas Besonderes, denn mein kleiner Bruder hatte Geburtstag. Aber während er seine Geschenkparade erst vormittags erhielt, stand meistens schon um Mitternacht die Nikolaustüte vor der Zimmertür. Wie schön war es, nachts aufzuwachen, nachzusehen und die Tüte vorzufinden. Oder morgens für die Schule aus dem Bett zu taumeln und durch die Tüte schlagartig daran erinnert zu werden, dass ja bald Weihnachten ist.
Im Idealfall lag dann draußen auch Schnee oder es schneite, in der Grundschule wurden oft auch Kerzen angezündet und die Welt war einfach schön.
Die Tüte enthielt einen großen, in Alufolie verpackten Schokonikolaus, Mandarinen, Walnüsse, Goldtaler, Schokokugeln, Schokorosinen Schokoplätzchen. Also ein Mischmasch aus zusammengeworfenen Süßigkeiten und Obst, und mir fiel erst später auf, dass da eigentlich selten oder nie Plastikverpackungen dabei waren <3 Unten seht ihr die Produkte, die ich meine – weil die Bilder natürlich urheberrechtlich geschützt sind, darf ich sie nicht als normale Bilder zeigen, sondern muss sie als Provisionslinks einbinden.
Plastikverpackungen sucht man in meinem kindlichen idealen Weihnachten jedenfalls wirklich vergebens (vielleicht auch verfälscht in der Erinnerung). In den späteren 80er und frühen 90er Jahren schien zumindest bei meinen Eltern und Großeltern Plastik nicht sehr weit verbreitet gewesen zu sein. War das zu dieser Zeit noch üblich? Ich weiß es nicht.
Mit so einer großen Tüte Schokolade jedenfalls lernt man als Kind Verantwortung – oder sollte es, meistens hab ich die Sachen viel zu schnell verdrückt ^^ Ich hab als Kind Schokolade viel zu sehr geliebt :D Normalerweise rationierte unsere Mutter den Süßkram, den wir erhielten, streng, so dass die Nikolaustüte genau wie der Osterkorb ein absolutes Highlight war.
Ein verkleideter Nikolaus kam auch hin und wieder vorbei (meistens war es der Nachbar), aber ich erinnere mich vor allem an die Nikolaustüte, auf die ich mich wirklich jedes Jahr gefreut habe.
Gemütlicher Dezember
Ende November oder Anfang Dezember poppten ganz allgemein die vielen kleinen Dinge auf, die es im restlichen Jahr nicht gab. Im Wohnzimmer stand auf einmal eine große Schale mit Nüssen: Erdnüsse, Haselnüsse und Walnüsse, und es verging kein Abend, an dem mein Vater nicht auf der Couch saß und pünktlich zur Tagesschau damit begann, Nüsse zu knacken. Bei den väterlichen Großeltern stand auch immer so eine Nussschale, ich nehme an, dass mein Vater die Tradition mitgebracht hat :D
Die Schalenreste wanderten dann immer in den Kaminofen im Wohnzimmer, in dem im Winter natürlich häufig ein Feuerchen brannte. Das Wohnzimmer war deswegen immer so wohlig warm geheizt – und mein Zimmer lag oben drüber, die heiße Luft im Schornstein beheizte auch meine Wände <3
Auch Orangen, Mandarinen, Äpfel und Kiwis gab es häufig, unsere Eltern waren schälfreudig und häufig schälte und schnitt meine Mutter einen großen Teller Obst für uns Kinder, während die Sesamstraße lief.
Zum frühen Dezember gehörte für uns auch das Durchblättern von Spielzeugkatalogen (plus Spielzeugabteilung von Otto und Neckermann) dazu, um einen adäquaten Wunschzettel erstellen zu können. Da erwachten Wünsche und Begehrlichkeiten, und man konnte nie wissen, ob und was davon am Ende wirklich unter dem Baum lag.
Wenn nicht die Kerzen auf dem Adventskranz brannten, dann andere Kerzen, und oft auch die große Weihnachtspyramide, die durch die sich drehenden Flügel heimeliges Licht und fliegende Schatten an die Wände warf. Die Weihnachtszeit hab ich mehr als den Rest des Jahres als „gemütliche Wohnzimmerzeit“ in Erinnerung.
Und das besonders auch, wenn wir zu Weihnachten oder in der Weihnachtszeit bei den Großeltern im hohen Norden waren. Oft war das nicht, glaube ich, aber trotzdem schön. Im kleinen Bauernhaus der Großeltern gab ein „offizielles Wohnzimmer“ mit Fernseher in der Ecke, Couch-Sitzgruppe und gläsernem (? oder Fliesen?) Couchtisch in der Mitte. Hier stand in der Weihnachtszeit auch der Weihnachtsbaum. Aber aufgehalten hat sich dort eigentlich nie jemand, jedenfalls nicht zu meinen Wachzeiten. Es war eben der repräsentative Raum für Fotos etc, immer gut aufgeräumt.
Das „echte“ Wohnzimmer war ein kleiner Raum, die Stube, die von einem kleinen Bollerofen beheizt wurde. Dort war es schön warm. Am Boden war Platz für eine kleine hölzerne Spielzeugeisenbahn, außerdem stand dort ein Tisch mit omalichem Spitzendeckchen und ein massives Bücherregal. Auch ein ausgestopfter Vogel hing an der Wand. Wenn wir nicht in der großen Wohnküche saßen und mit Bauklötzchen spielten, während die Erwachsenen Kartoffeln schälten oder irgendwelche Vögel ausstopften, hielten wir uns meistens in der gut beheizten Stube auf.
Hier roch es meistens nach brennenden Kerzen und Paraffin. Hin und wieder schlichen sich mein Bruder und ich in das große Wohnzimmer und klauten schoko-umhüllte Gelee-Sterne vom Weihnachtsbaum – zu unserer Freude hatte Oma immer (unverpackte) Süßigkeiten an den Baum gehängt. Während sich dort heute viel Plastik neben Lametta und der Lichterkette tummelt, hingen dort zur Biedermeierzeit – während der unsere heutigen Weihnachtstraditionen gebildet wurden – tatsächlich essbare Leckereien.
Basteln, basteln, basteln – und Plätzchen backen
Aufgrund ihrer Krebserkrankung kehrte meine Mutter nach dem dritten Kind nicht in den Beruf zurück, wie es eigentlich geplant war. Stattdessen blieb sie zu Hause und schuf während ihrer krebsfreien Jahre die schönsten weihnachtlichen Erinnerungen, die man als Kind wohl haben kann. Sie war immer zu Hause und immer für uns da, und um sich zu betätigen, begann sie irgendwann das Basteln.
Meine Mutter liebte es zu basteln. Sie bastelte und dekorierte auch im restlichen Jahr hin und wieder, aber während sie sich sonst eher dem Aquarell widmete, war die Weihnachtszeit ganz der Bastelei gewidmet. Nicht immer hatte ich Lust, mitzumachen, aber oft genug war ich auch dabei.
Los ging es mit den Laternen zum Martinstag, aber im Dezember kam dann Weihnachtsschmuck dazu. Adventskranz und irgendwelche Kerzengestecke waren natürlich selbst gesammelt und zusammengebastelt. Ständig hatte sie außerdem irgendwelche neuen Schablonenbücher, um irgendwas auszuschneiden, zu falten, zu kleben oder zu binden. Gefaltete Sterne aus Goldpapier, Fensterbilder aus Ton- und Transparenzpapier, Kerzenhalter verschiedenster Formen, Weihnachtskarten mit Glitzerstaub und was weiß ich noch alles.
Unsere Adventskalender bastelte sie natürlich abends, als wir im Bett waren – es wäre ein Sakrileg, würde man den Adventskalender schon vor dem 1. Dezember sehen!
Mindestens in einem Jahr waren auch Gipsbilder in. Dabei wurde Gips angerührt und dann in Formen gegossen, die wir nach dem Aushärten bemalten. Mit edler Goldfarbe malen war für mich ein richtiges Highlight – Gold ist eben auch die Weihnachtsfarbe!
Auch die alljährliche Plätzchenschwemme gehörte zu Weihnachten. Meistens allerdings waren das „nur“ einfache Ausstecherle und Spritzgebäck. Es war trotzdem ein Highlight, ich liebte es, beim Ausstechen zu helfen und dabei Teig zu naschen, und beim Spritzgebäck die fertigen Plätzchen in heiße Schokolade zu tunken (nur mit Schokolade an einem Ende ein Original!).
Basteln, beim Backen „helfen“ (?) – vielleicht ist es das Handwerkliche, was irgendwie zu Weihnachten gehört. Hin und wieder hab ich auch irgendwas mit der Laubsäge ausgesägt, aber allerspätestens, seit ich mit Ende 18, Anfang 19 aus dem Elternhaus auszog, war damit Schluss. Alleine konnte ich mich nie zum Basteln, Sägen oder Backen bringen.
Ach du schöner Schnee
Ja, ich weiß, die Erinnerung trügt. In meiner Erinnerung hatten wir früher jedes Jahr viele Wochen Schnee am Stück. Das stimmt so nicht. Aber es war dennoch mehr Schnee als heute und zumindest unsere Wohnstraße war oft mehrere Tage am Stück mit festgefahrenem Schnee bedeckt. Und es schien kälter zu sein – oder täusche ich mich da? Zweistellige Minusgrade nachts und auch tagsüber manchmal nicht über Null (ja, ich bin mal mit der Zunge am Laternenpfahl festgeklebt zu Grundschulzeiten .. ^^).
Wie schön waren diese Dezemberwochenenden, an denen der erste Schnee fiel und liegen blieb! Oft wurde ich dann morgens vom Schneepflug geweckt, der auf der größeren Straße Schnee schob. Gab es Schnee, rannte ich sofort zu meinem Bruder ins Zimmer, um ihn zu wecken.
Dann wurden die gefütterten Schnee-Latzhosen rausgekramt, die wir über die normalen Hosen drüberzogen. Auch die gefütterten Stiefel und die Fäustlinge mussten aus dem Kellerschrank. Und dann waren wir meistens für ein paar Stunden draußen verschwunden, bis wir zum Wechseln der nassen Klamotten kurz wieder reinkamen. Die Spielstraße, in der wir wohnten, wurde oft erst später vom Schneepflug besucht, so dass wir einige Zeit die unberührte Schneedecke für uns hatten. Auf dem unbebauten Nachbargrundstück bauten wir Schneemänner – oder wollten es jedenfalls, meistens blieb es bei großen zusammengerollten Schneewalzen, die sich nicht mehr bewegen ließen :D
Kam der Schneepflug, begannen wir, in die „Schneemoräne“, also den am Ende der Straße aufgetürmten Schneeberg, eine Höhle zu graben. Wir wollten ein Iglu bauen, oder doch zumindest eine Festung, um uns gegen die Nachbarskinder zu verteidigen. Der Verteidigungsfall kam aber glaube ich nie wirklich, trotzdem gehörte es zum Geschäft, möglichst perfekt runde Schneebälle aufzuhäufen, um im Notfall Munition zu haben :D
Auch mit den Schlitten waren wir unterwegs. Vater oder Mutter hatten „von früher“ aus ihrem eigenen Elternhaus einen alten Holzschlitten mitgebracht, mit dunkel verwittertem Holz und Metallschienen unter den Kufen, die in jedem Winter erstmal Rostspuren zogen, bis sie sich wieder glattgeschliffen hatten. Als wir kleiner waren, rodelten wir mit Mama oder Papa zusammen auf dem Schlitten, oder sie zogen uns an dem ausgefransten Seil (Hanf? Jedenfalls kein Plastik) hinter sich her durch die verschneiten Straßen.
Später ging dieser Schlitten in meinen Besitz über und mein Bruder bekam einen eigenen Holzschlitten – lackiert und mit roten Plastikkappen vorne an den oberen Kufenenden. Erst war ich neidisch, bis ich merkte, dass mein alter Schlitten schneller war :D
Oft jedenfalls kamen wir abends völlig erschöpft, durchnässt, halb erfroren und mit roten Gesichtern wieder ins Haus. Meine Mutter hängte dann den Wäschekeller voll mit den Schneehosen, damit sie am nächsten Tag wieder einsatzbereit waren. Die Stiefel trockneten direkt unter der Heizung.
Schnee gehört für mich noch immer zur Weihnachtszeit dazu. Er ist heute sehr selten geworden, aber wenn es mal wirklich schneit, und der Schnee bleibt liegen und bedeckt die Landschaft, Häuser und Straßen, freue ich mich wie .. naja, ein Schneekönig :D Ein Spaziergang ist dann das Mindeste!
Als Kind liebte ich es auch, dem Schnee einfach zuzuhören. Das raschelnde Geräusch, wenn die Flocken auf der Kapuze landen. Alles scheint dann so still zu sein. „Leise rieselt der Schnee…“ – so schön!
Leise rieselt der Schnee,
1895 von Eduard Ebel
still und starr ruht der See.
Weihnachtlich glänzet der Wald
Freue Dich, Christkind kommt bald
Dieses bekannte Weihnachtslied drückt ebenfalls vieles von dem aus, was für mich ein ideales Weihnachten ist: Die Vorfreude, die Ruhe und Stille und natürlich der Schnee <3
Hörkassetten, tschechische Märchen und Feuer im Kinderzimmer
In die Weihnachtszeit gehören auch Hörkassetten mit Wintergeschichten. Die kramten die Eltern irgendwann Anfang Dezember raus und sie verschwanden nach Weihnachten wieder bis zum nächsten Jahr.
Da waren mit Sicherheit viel mehr Geschichten dabei, aber ich erinnere mich im Moment nur an „Die kleine Wolke“ (Handlung …? Keine Ahnung) und irgendeine Wintergeschichte von Heidi. Ich finde leider beides nicht mehr, aber bei Heidi ging es darum, dass Heidi zusammen mit Peter im tiefsten Schnee irgendwo oben auf der Alm eingeschneit ist und nicht zurück nach Hause (zum Almöhi) kann. Die beiden sollten wohl im Dorf ein Paket holen und auf dem Rückweg hat sie der Sturm überrascht und sie kauern in einer Höhle. Im Paket befindet sich auch eine Flasche Schnaps, und die beiden schärfen sich ein, nicht davon zu trinken – der gäbe zwar warm, aber danach würden sie müde und würden im Schlaf erfrieren.
Zu Weihnachten liefen auch glaube ich vermehrt tschechische Märchengeschichten. Wir hatten bis Mitte der 90er nur die drei öffentlich-rechtlichen per Antenne empfangbaren Sender und wir durften sowieso maximal eine Stunde am Tag fernsehen, aber bei den Märchen gab es wohl Ausnahmen. Viele Erinnerungen hab ich nicht, aber weil Fernsehen bei uns so ein seltenes Privileg war (Sesamstraße + das, was danach kam: Dr. Snuggles, Löwenzahn etc), war das ein absolutes Highlight in der Weihnachtszeit.
Ich erinnere mich daran, dass damals in den öffentlich-rechtlichen Sendern ein echter Mensch die nächste Sendung ankündigte. Der saß an seinem Pult, hinter sich ein aufstellbarer Adventskalender („MAMA! Schau mal, der hat den gleichen wie wir!“ – deswegen hab ich es mir gemerkt), vor sich je nach Datum entsprechend viele Adventskerzen und blubberte irgendwas von wegen „Und nun, liebe Zuschauer, sehen Sie …“. Was für eine andere Zeit!
Dabei war auf jeden Fall der Film „Frau Holle„, den es auch in voller Länge auf YouTube zu sehen gibt, siehe unten :D An einen anderen Film erinnere ich mich bruchstückhaft, habe ihn aber leider nie wieder gefunden. Jemand – ein König oder Ritter – hatte eine Rüstung oder Schulterschützer aus Glas. Mit einer goldenen Rose berührte er einen Felsen, wodurch sich der Eingang zu einer Höhle öffnete. Das wars mit den Erinnerungen. Märchen und Fantasy hab ich immer geliebt, und sie im Fernsehen visualisiert zu sehen, fand ich unfassbar faszinierend.
Zu den sonstigen weihnachtlichen Aktivitäten gehörten für meinen Bruder und mich vor allem in den frühen Teenagerjahren das Zündeln mit Kerzen. Wir sammelten Kerzenstummel ein und schmolzen sie ein. Diese Kunst perfektionierten wir, indem wir aus dem väterlichen Werkzeugkeller Bretter und Schrauben mitgehen ließen und vier Schrauben in einem Quadrat ein Stückchen in das Brett drehten. Dazwischen stellten wir ein Teelicht und oben drauf eine Blechdose. Fertig war der kleine Brennofen.
Ob bzw. warum unsere Eltern das erlaubten, weiß ich nicht mehr, ich glaube, das war eine Grauzone (schnell alles verschwinden lassen und den Rauch im Zimmer irgendwie wegreden) :D Teilweise fragten wir sogar bei den Nachbarn nach Kerzenstummeln. Aus den Stummeln gossen wir neue Kerzen (die nie besonders gut brannten) oder kleckerten sonstwie mit dem Wachs herum: Wachs, in ein Glas Wasser gegossen, ergibt interessante Formen ^^
Zu Weihnachten wurde auch immer die H0-Märklinbahn rausgekramt. Mein Vater hatte seine eine oder zwei Wochen Urlaub und musste sich natürlich die Zeit vertreiben. Also baute er im Zimmer meines Bruders (größer als meins) die große Platte mit der Modellbahn auf und die beiden saßen stundenlang dran. Ich erinnere mich an die Faszination der per Trafo umschnappenden Weichen, der kleinen leuchtenden Signale und der Detailverliebtheit der schwarz-roten Dampfloks, die ihre Runden auf dem Tisch drehten.
Wenn der alte Herr nicht da war, bauten wir auch eine Produktionskette auf (Transport Fever lässt grüßen :D): Einer schälte Erdnüsse, füllte sie in einen Schüttgutwaggon und ließ sie zum anderen fahren, der sie auskippte und sogleich verschwinden ließ. Oh du fröhliche!
Warten auf das Fest an Heiligabend
Heiligabend war immer die goldene Krönung der Weihnachtszeit. Die beiden Weihnachtsfeiertage fand ich relativ langweilig, da gab es zwar noch gutes Essen, aber ansonsten waren das einfach nur Tage auf dem Weg zu Silvester, dem letzten Dezemberhighlight.
Bis zum frühen Nachmittag schauten wir oft noch Märchen im TV, bis wir von Muttern aus dem Wohnzimmer verjagt wurden. Der erst kurz zuvor angeschaffte Weihnachtsbaum stand noch ungeschmückt im Raum, und das Schmücken des Baums war Mamas heilige Pflicht. Kein Kind durfte den Baum bis zur Bescherung mehr sehen. Dazu holte sie die Kartons aus dem Keller, die all den schönen Schmuck enthielten: Metallene Kerzenhalter, rote schlanke Baumkerzen, Glaskugeln und -zapfen, Laubsäge-Figuren, Strohsterne und ich weiß nicht, was noch. Traditionell gab es rote oder blaue sowie goldene Weihnachtsbaumkugeln – aber niemals mehr Farben.
Für uns verging die Zeit bis zum späten Nachmittag – wenn es dann zur Kirche ging – quälend langsam. Die Stimmung war natürlich aufgeregt. Wow, endlich gibt es Geschenke, und endlich wird geschenkt! Wir hatten selbst Geschenke gebastelt und gemalt und wollten sehen, wie sich Eltern und Geschwister darüber freuen. Außerdem durften wir Heiligabend länger aufbleiben als normal.
Direkt nach dem Gottesdienst – traditionell mit „Oh du fröhliche“ oder „Stille Nacht, Heilige Nacht“ beendet, auch so schöne klassische Weihnachtslieder – wurden wir wieder in die Zimmer geschickt, während die Eltern den Tisch deckten.
Natürlich kam das Festtagsgeschirr auf den Tisch: Das Silberbesteck und die mit Rosen bemalten Goldrandteller. Ich vermute, beides ist Zeug, das meine arme gute Mutter im Teenageralter als „Aussteuer“ geschenkt bekommen hatte. Als sie mir sagte, jedes Mädchen müsse Aussteuer für später sammeln, war ich am Ausrasten. Toll! Mein Bruder soll tolle Spielsachen bekommen, und ich Bettwäsche, Besteck und Tischdecken..?! Ich hab ziemlich klar deutlich gemacht, dass das keine Option ist. Und aus diesem Grund haben wir heute nur irgendwelche unansehnlichen Gedecke und im Schrank (aber das war es wert :D).
Den Kartoffelsalat hatte unsere Mutter schon am Nachmittag gemacht, aber die Wiener Würstchen mussten noch aufgewärmt werden. Bis ich ungefähr 13 war, gab es den im Norden bekannteren „weißen“ Kartoffelsalat mit Gurken und Mayonnaise, den ich wirklich liebte (bei uns eher Creme Fraiche statt Mayonnaise). Als meine gute Mutter dann aber auf Schwäbischen Kartoffelsalat umstieg (schließlich wohnten wir da schon seit einem Jahrzehnt im Schwabenland), war ich tödlich beleidigt und wollte eigentlich aus Trotz auf den Kartoffelsalat verzichten. Das geht natürlich nicht, letztlich ist es egal, aber manchmal vermisse ich doch den weißen Kartoffelsalat :D
Mit steigendem Alter wurde das Heiligabendessen immer länger und besser gelaunt, aber als Kinder konnten wir es natürlich nicht abwarten: Nur eine weitere Barriere, die zwischen uns und der Bescherung stand. Nach dem Essen gibt es schließlich Geschenke und wir schlangen den Salat und die Würstchen nur so runter, dass das Essen unseren Eltern sicher keine Freude machte.
Nach dem Essen hieß es auch erstmal noch „Ab in eure Zimmer“. Mutter machte den Abwasch (Silberbesteck und Goldrandteller in die Spülmaschine?! No way!) und Vater holte aus dem Keller die dort versteckten Geschenke, um sie unter dem Baum auszubreiten.
Bescherung – Die langersehnte Krönung
Wir Kinder saßen währenddessen natürlich schon oben auf der Treppe, bereit zum Runterrennen, sobald das Signal erfolgte. Bescherung ist krasser als Sonderangebote im Apple-Store ^^ Als einmal meine Schwester, die ihr Zimmer im Erdgeschoss hatte, verbotenerweise schon ins Wohnzimmer ging, um ihre Geschenke unter den Baum zu legen, wäre ich fast durchgedreht. Sie hatte vor uns einen Blick auf das Lichter- und Geschenkefest werfen dürfen!
Das Signal kam in der Regel verbal. „Kinder, es ist so weit!“ – nur wenige Male hatten unsere Eltern in einem Anflug von Biedermeier-Nostalgie ein Glöckchen geläutet. Die Tür zum Wohnzimmer stand weit offen, aus der Musikanlage schallte irgendeine klassische Weihnachtsmusik – Chöre oder Bachs Weihnachtsoratorium. Kerzen überall (traditionell kein elektrisches Licht im Zimmer während der Bescherung!), auf dem Wohnzimmertisch eine große Schale mit Plätzchen und Süßigkeiten, und natürlich der mit Kerzenlicht erleuchtete Weihnachtsbaum in der Ecke. Mit Türmen von Geschenken darunter, für jedes Kind ein eigener Bereich.
Ich erinnere mich, dass jetzt zunächst häufig Anarchie das Sagen hatte. Wir drei stürzten uns auf unsere Geschenke und fetzten sie aus dem Geschenkpapier. Das hat unsere Eltern wohl geärgert, weswegen sie irgendwann, wohl Anfang bis Mitte der 90er, mit einem Auspacksystem ankamen. Es durfte nur der Reihe nach ausgepackt werden, und alle anderen mussten zusehen. Unfassbar! Zu Weihnachten Geduld üben und anderen beim Auspacken von Geschenken zuschauen?! Und das Schlimmste: Lose entschieden, wer als nächstes drankam mit Auspacken. Ich weiß, dass ich so wütend und frustriert war, weil meine Geschwister immer wieder auspacken durften und ich Pech mit den Losen hatte.
Aber dieses Debakel gab es glücklicherweise nur einmal. Ab dem Folgejahr wurde reihum ausgepackt, begonnen bei der kleinen Schwester und dann in Reihenfolge des Alters weiter. Wer älter ist, muss wohl auch mehr Geduld haben :D Und so ist es auch heute noch. Ich finde es sogar merkwürdig, wenn ich mitbekomme, wenn woanders jeder gleichzeitig auspackt, anstatt, dass aufeinander gewartet wird und man sehen kann, was die anderen bekommen und wie sie sich freuen. So dauert die Bescherung auch viel länger.
Nach der Bescherung jedenfalls saßen wir Kinder erstmal wohlig herum, damit beschäftigt, die neuen Geschenke zu erproben und Schokolade zu essen. Mein Bruder baute vielleicht an seinem neuen Lego Technik-Kran herum, meine Schwester hatte irgendwann so eine modulare Rennbahn mit Loopings bekommen, auf der sie kleine elektrisch betriebene Autos herumflitzen lassen konnte. Ein paar Jahre früher hatte sie ein großes Puppenhaus bekommen, das mein Vater selbst aus Holz gebaut, innen liebevoll tapeziert und eingerichtet hatte (inkl. Miniatur-Bilder der Familie an der Wand).
Was ich so zu Weihnachten bekommen hatte, weiß ich gar nicht mehr. Einmal war mit Sicherheit ein Walkman dabei, ein anderes Mal war es ein großer Kassettenrekorder mit zwei Kassettendecks und einmal ein Tischkicker, den ich noch heute habe.
Als Kind war dann gegen 10 abends natürlich spätestens Schluss, jeder packte sein Zeug zusammen und nahm es mit ins Zimmer. Aber an Schlaf war trotzdem oft nicht zu denken – so viel Aufregung und so schöne neue Sachen :D Oft hab ich dann noch lange irgendein neues Buch gelesen.
Ja, so war das. An der Bescherung hat sich nicht so viel geändert heutzutage, aber danach gibt es in der Regel ein längeres Zusammensitzen bei Likör, Whiskey oder anderen Spirituosen aus dem Spezialschrank.
Weihnachten wieder „besonders“ machen
Was heute nur fehlt, ist in der Regel die restliche Weihnachtszeit. Ich glaube, als Kind war das alles so besonders, weil es in dieser Zeit so viel gab, was es sonst nicht gibt. So viele Highlights, Schnee, spezielles Gebastel, spezielle Geschichten im Fernsehen und auf Kassette und dazu eine ständige Vorfreude. Und eine diffuse, aber qualitative Idealvorstellung von Biedermeier-Weihnachten mit Metallglöckchen, Glaskugeln, Nüssen, prasselndem Kaminfeuer, vereisten Scheiben, Kerzenlicht und stillen Schneeflocken.
Heute ist die Weihnachtszeit für mich und vielleicht für die meisten anderen Erwachsenen auch einfach nur eine Zeit wie immer, aber mit „Weihnachtszwang“. Als ich noch Büroangestellte war, war die Weihnachtszeit sogar eher besonders stressig, weil viele Projekte vor Jahresende fertig werden sollten bzw. alles abgeschlossen sein musste, weil die ganze Firma dicht machte. In dieser Zeit war ich abends meistens noch ausgelaugter als sonst. Dazu der „Geschenke-Stress„: Es muss möglichst gute Geschenke für alle näheren Familienmitglieder geben – es muss einfallsreich sein und nicht zu teuer, aber auch nicht zu billig. Das alles hat nicht viel mit dem Weihnachten zu tun, das ich als Kind so liebte.
Aber dennoch erinnere ich mich gern daran. Vielleicht gelingt es ja mal wieder, die Weihnachtszeit irgendwie besonders zu machen, so wie früher, aber das muss wohl von einem selbst ausgehen. Wenn ich dann sage, ich habe doch keine Zeit fürs Backen oder Schmücken, für den Alltag aber schon .. ja, dann bin ich selber schuld.
Wenn Weihnachten die Zeit für „Besonderes“ war, was es sonst nicht gibt, dann muss man sich Weihnachten wohl selbst besonders machen. Vielleicht nächstes Jahr doch mal am Esszimmertisch irgendwas zusammen basteln, zumindest einmal die Woche. Oder ein Malen-nach-Zahlen-Bild, das im Dezember angefangen und beendet wird? Oder wie wäre es mit einem Brettspielabend statt 7x die Woche Netflix?
Vielleicht ist es gar nicht so wichtig, was die Weihnachtszeit besonders macht, sondern eher, dass man sie für Besonderes nutzt. Auch, wenn man sich vielleicht dazu zwingen muss – wir sind alles faule Gewohnheitstiere, und wenn man immer das gleiche macht, ist eben auch nichts besonders.
Liebe Leser, ich hab hier jetzt lang und breit über „mein Weihnachten“ berichtet. Kennt ihr diese Sehnsucht nach dem kindlichen Weihnachten auch? Was bedeutet das für euch? Und versucht ihr, es wieder aufleben zu lassen? Gelingt es? :D
Danke, liebe Mama, für diese wunderschönen Erinnerungen…
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