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Mein arktisches Segelschiff auf dem Arm

Das Tattoo im Detail: Ein Segelschiff liegt schräg zwischen Eisbrocken im Wasser. Es hat keine Segel. Auf dem Deck steht ein Zelt, das an der Frontseite gelb erleuchtet ist.

“Ich möchte ein Tattoo, irgendwann” dachte sich Lucyda, also ich, vor vielen, vielen Jahren. Aber was für eins? Es sollte schon über reine Körperkunst hinausgehen, sondern mir etwas bedeuten. Manchmal fehlten mir die Ideen, manchmal das Geld. Bis vor einem Jahr, als ich mit Pierre und großen Koffern in der S-Bahn zum Flughafen saß. Ein Segelschiff, das im arktischen Meer festgefroren ist! Was sonst! Es fiel mir wie Schuppen von den Augen.

Seit Februar prangt das stark vereinfachte Schiff nun an meinem Unterarm.

Debbie steht an den Landungsbrücken in Hamburg und schaut zur Seite. Am linken Unterarm hat sie ein Segelschiff-Tattoo.
Das Tattoo in seiner natürlichen Umgebung: An meinem Arm an den Landungsbrücken in Hamburg

Ein Schiff im Eismeer, abgetakelt und bewegungsunfähig – Das klingt deprimierend, denkst du? Warum denn sowas als Tattoo? Die Geschichte hinter speziell diesem Schiff, der HMS Investigator, ist sogar noch deprimierender: Sie kam nie wieder frei, wurde vom Eis zerdrückt und versank. Die Besatzung hatte das Schiff immerhin bereits vorher verlassen und den entbehrungsreichen Fußmarsch zurück aufs kanadische Festland auf sich genommen.

Die Frage nach dem Warum beantworte ich hier. Das dauert ein bisschen, schließlich hat das Tattoo wirklich eine Bedeutung :D

Expedition sucht Expedition, die Nordwest-Passage sucht

Was suchte das feine Schiffchen 1853 nun denn überhaupt dort oben im Eis? Die Franklin-Expedition. Die war 1845 mit den Schiffen HMS Erebus und HMS Terror von England aufgebrochen, um die berühmte Nordwest-Passage zu suchen. Als von den beiden Schiffen nach einigen Jahren keine Nachrichten auftauchen, begann man sich in good ole’ England Sorgen zu machen und schickte zahlreiche Expeditionen los, um die Expedition zu suchen. Darunter eben jene Investigator

Ein paar Jahre zuvor, von 1840-1843, waren die Erebus und Terror übrigens bereits zusammen auf erfolgreicher Expeditionsfahrt in der Antarktis. Während dieser Expedition wurde auf dem antarktischen Kontinent ein erloschener Vulkan entdeckt, der nach dem Flaggschiff direkt Mount Erebus getauft wurde. 1979 starben hier rund 250 Menschen bei einem Flugzeugabsturz, weil die Besatzung den weißen Berg vor weißem, wolkigem Hintergrund nicht erkannte und volle Kanne in dessen Flanke donnerte. Eine weitere tragische Geschichte.

Das Ende der Franklin-Expedition ist sogar noch bedeutend, BEDEUTEND tragischer als das der Investigator: Die Schiffe froren im Eis fest und kamen zwei Jahre nicht mehr frei. Als die Vorräte knapp wurden, verließen die Mannschaften im Jahr 1848 die Schiffe und versuchten, eine weniger tödliche Gegend weiter südlich zu erreichen. Am Ende überlebte niemand. Überreste dieser Wanderschaft wurden später von den Suchexpeditionen gefunden. Diese ganze Geschichte hat mich unfassbar in ihren Bann gezogen. 

Cover: Michael Palin - Erebus. Ein Schiff, zwei Fahrten und das weltweit größte Rätsel auf See

Über die Franklin-Expedition (und was daran so dramatisch ist) habe ich bereits in der Serienvorstellung “Terror” geschrieben. Die Serie basiert auf den realen Ereignissen. Wenn du dich mehr dafür interessierst, kann ich dir das Buch “Erebus” von Michael Palin empfehlen. Er beschreibt die Expeditionen des Schiffes anhand von detaillierter Recherche und beleuchtet den Forschungsstand.

Diese Leidenschaft ist einer der Gründe, warum ich nun die Investigator auf dem Arm habe. Aber nicht der einzige. Es hätte nicht unbedingt die Investigator sein müssen, aber mir gefiel ein ganz bestimmtes Gemälde, das ich vor Jahren mal gefunden hatte. Vielleicht gehts dir auch so? Manchmal sehe ich irgendwo Bilder, die irgendwas in mir treffen. Dann lade ich sie runter und versinke hin und wieder darin. 

Das Bild zeigt ein Gemälde mit Packeis und einem Segelschiff, das zwischen dem Eis eingeklemmt ist. Es liegt leicht schräg. An Deck ist ein Zelt aufgebaut, aus dem ein warmer Schein das Eis im Vordergrund beleuchtet.
Das Gemälde HMS Investigator in the Pack aus dem Jahr 1854 hat mich zum Tattoo inspiriert. Quelle: Royal Greenwich Museum

Ich wandle in Spitzbergen auf berühmten Polarforscher-Spuren

So auch an jenem Tag in der S-Bahn zum Flughafen letztes Jahr. Ich schaute verliebt auf das Bild und freute mich, denn wir waren auf dem Weg nach Oslo und danach nach Spitzbergen, eine Inselgruppe im arktischen Meer. Eine Landmasse, die so unwirtlich ist, dass sie erst 1596 von einem Herrn Bartens entdeckt wurde, der … klar… auf der Suche nach der Nordwest-Passage war. 

Landkarte von Google Earth. Zu sehen ist der Nordpol, Grönland und etwas östlich von Nord-Grönland die Inselgruppe Spitzberge. Das Bild soll einen Eindruck davon geben, wie weit nördlich des Polarkreises Spitzbergen liegt.
Um Spitzbergen zu finden, musst du schon recht weit im Norden suchen.

Ich erfüllte mir mit dem Kurzurlaub gleich zwei Träume: Auf Spitzbergen stapfte ich in die Fußspuren berühmter Polarforscher, die von dort aus zu Expeditionen in die Arktis aufgebrochen waren. Zum Beispiel Roald Amundsen, der Spitzbergen als Angelpunkt für ein paar seiner eigenen abenteuerlichen und am Schluss 1928 tödlichen Abenteuer nutzte. Der Kollege durchquerte übrigens 1906 die Nordwest-Passage mit seinem kleinen Schiffchen Gjøa als erster – sorry für den Einschub, aber diese vermaledeite Passage ist eben wichtig und hier schließen sich so viele Kreise :D 

Büste von Roald Amundsen. Er trägt eine Kapuze. Im Hintergrund ist die karge Landschaft von Ny-Alesund mit ein paar bunten Häusern zu sehen.
Das Amundsen-Denkmal in Ny-Alesund auf Spitzbergen. Von diesem Ort aus starteten er und andere ihre Polarexpeditionen. Ich war da!
Monica Kristensen - Amundsens letzte Reise Cover

Amundsen hat in seinem Leben viel erreicht: als erster den Nordpol per Luftschiff, als erster den Südpol und er war der erste, der die Nordwest-Passage durchquerte. Am Ende verscholl sein Flugzeug auf dem Weg nach Spitzbergen, wo er sich an einer riesigen Suchexpedition nach dem Luftschiff Italia des Italieners Nobile und seiner Mannschaft beteiligen wollte. Der war irgendwo nördlich von Spitzbergen abgestürzt. Diese selbstverständlich höchstdramatische Geschichte erzählt in allen Details und auf Grundlage sauberer Quellenrecherche Monica Kristensen in ihrem Buch “Amundsens letzte Reise”.

Auch Fridtjof Nansen, ein Mentor von Amundsen, startete von Spitzbergen mit dem Expeditionsschiff Fram zu einer Polarexpedition und ließ sich damit 1893 drei Jahre (absichtlich) im Eis festfrieren. Schiffe tun das eben so weit im Norden und die Fram war robust gebaut, sie überstand die Fahrt. Später schnappte sich Amundsen, dieser Haudegen, den Kahn und fuhr damit in die Antarktis, um sich 1911 zusammen mit vier Begleitern als erste Menschen erfolgreich zum Südpol zu quälen.  Sein Rivale, der Engländer Scott, und dessen Begleiter kamen während dieses Wettlaufs ums Leben. Sehr tragische Geschichte.

Debbie macht freudig lächelnd ein Selfie. Sie steht auf dem Deck des rötlich beleuchten Schiffes Fram. Die Segel sind aufgespannt.
Wer steht hier auf der Fram? Auf DER Fram? Ich, überglücklich! 2024 im Fram-Museum in Oslo. Dort gibt’s auch die Gjøa zu besichtigen. Das sind keine Nachbauten!

Okay okay, du siehst, ich könnte hier noch weiterreden. Alle Kreise schließen sich und du merkst: Ich brenne für diese Polarexpeditionen in Regionen, die so tödlich sind, dass die Hälfte aller Geschichten ungefähr so endet: “… und sie verließen das Camp oder Schiff und warden nie wieder gesehen”. Das ist einer der Gründe, warum eines dieser Expeditionsschiffe auf meinen Arm musste.

I ♥️ Schiffe

Der zweite Traum, den ich mir mit unserer eigenen, deutlich ungefährlicheren Expedition nach Spitzbergen erfüllte, war eine dreitägige Schiffsreise, die uns auf einem alten, denkmalgeschützten Schiff die Westküste von Spitzbergen zeigte und bis auf 80° nördlicher Breite führte. Ich liebe, liebe, liebe Schiffe. Segelschiffe liebe ich im Besonderen, aber auch Frachtschiffe. Eigentlich alle Schiffe. Okay, außer diese schwimmenden Vergnügungsparks wie Aida, Mein Schiff & Co. Die existieren nicht für mich.

Ein Schiff mit schwarzem Rumpf, weißen Aufbauten und gelben Kränen schwimmt auf blauem Wasser. Im Vordergrund sind Felsen und Eisreste zu sehen, im Hintergrund felsige Berge mit Schnee.
Unsere Nordstjernen ankert im Smeerenburgfjord an der Westküste Spitzbergens, während wir einen Gletscher erkunden.

Aber ich liebe Schiffe und überschlug mich in der S-Bahn zum Flughafen vor Vorfreude auf meine erste längere Fahrt MIT EINEM SCHIFF und dann noch um SPITZBERGEN IN DER ARKTIS. Daher schmachtete ich das Bild der Investigator auf meinem Handy an. Da sagte Pierre zu mir: Tätowier dir das doch. Und ich: Oh… stimmt. Gute Idee. Was sonst? Ein Segelschiff im Eismeer, das ist es. 

Nicht deprimierend, sondern hoffnungsvoll

Dieses Bild steht für all das, was ich an der ganzen Thematik der Expeditionsreisen liebe.

Schiffe und Seefahrt ganz allgemein. Den Seegang. Das Ausgeliefertsein an die Kräfte der Natur. Die Abgeschiedenheit von der Welt an Bord. 

Segelschiffe, von denen ich im Wesentlichen allerdings nur eine romantische Vorstellung aus Büchern und Filmen habe. Das Knarren der Planken, das Schlagen der Segel im Wind, die Abhängigkeit von den Elementen. Der Geruch nach Teer und Rauch und salzigen Tauen.

Selfie mit Debbie. Sie grinst in die Kamera. Die langen Blonde liegen über der rechten Schulter. Hinter ihr ein hölzerner Mast und eine Unzahl von Tauen.
Ich 2023 zur Besichtigung auf der Götheburg, die in Hamburg zu Gast war.

Die Götheborg ist der Nachbau ihres Originals aus dem 18. Jahrhundert. Das feine Schiffchen ist ein ein echter, hochseetauglicher Holzsegler und wird nach alter Tradition gesteuert (okay, bis auf den modernen Hilfsmotor). 2005 bis 2007 unternahm es eine Reise nach China – wie sein Vorbild. Wir konnten das Schiff in Hamburg besichtigen. Von ihr und anderen Schiffen, wie HMS Victory in Portsmouth und natürlich Fram und Gjøa, kenne ich diesen spezifischen Segelschiffgeruch der vergangenen Jahrhunderte.

Erstmals war ich 2023 in den Nachrichten auf die Götheborg aufmerksam geworden: Eine 8-Meter-Yacht lag manövrierunfähig nördlich von Frankreich. Auf den Notruf hin erschien dann die Göteborg, die die Yacht abschleppte. Musst du dir mal vorstellen: Da taucht am Horizont ein Holzsegler aus dem 18. Jahrhundert auf und nimmt Kurs auf dich :D

Der Wagemut der historischen Entdecker, zu denen ich auch gern gehört hätte, aber es ist ja schon alles entdeckt. Wie toll muss es sein, zu einer mehrjährigen Expedition aufzubrechen, um Regionen zu erkunden, die noch niemand erkundet hat?

Das Bild zeigt ein Gemälde mit Packeis und einem Segelschiff, das zwischen dem Eis eingeklemmt ist. Es liegt leicht schräg. An Deck ist ein Zelt aufgebaut, aus dem ein warmer Schein das Eis im Vordergrund beleuchtet.
Nochmal das Bild, weil’s so schön ist :D

Der Reiz der Polarregionen mit ihren monatelangen Polarnächten und -tagen. Den Polarlichtern. Das ewige Eis. Diese lebensfeindlichen Regionen, die Menschen und Schiffe einfach verschwinden lassen.

Und an speziell diesem Bild: Der warme Lichtschein, der durch die zu Zeltdächern auf dem Deck aufgeschlagenen Segel dringt. Wärme und Licht in einer Umwelt, die dunkler, kälter und tödlicher kaum sein kann. Das ist nicht deprimierend, das ist Hoffnung!

Dieses Schiff steht für Leben in einer lebensfeindlichen Welt. Eingefrorene Schiffe sind für die Menschen darauf der einzige Ort, an dem sie vorerst halbwegs sicher sind. Eine Analogie zu unserem Planeten, unserem Lebensraum in einem lebensfeindlichen Universum. 

Mein Tattoo frisch nach dem Stechen.
Mein Tattoo direkt nach dem Stechen. Es sieht richtig klasse aus. Mittlerweile ist nach dem Abheilen etwas Farbe raus, deswegen lasse ich nochmal nachstechen.

Gerade der warme Lichtschein war mir wichtig an meinem Tattoo. Wie schön ist es, in einer eiskalten Nacht nach Hause zu kommen und von erleuchteten Fenstern begrüßt zu werden und zu wissen, dass es drinnen warm ist und eine Mahlzeit auf einen warten? Mein Tattoo ist einfarbig, bis auf den gelben Lichtschein. Gut, den sieht man kaum, aber ich weiß ja, dass er da ist :D 

Und ja, das ist die Geschichte, warum ich ein im Eismeer eingeschlossenes Segelschiff auf dem Arm habe und damit nur positive Gedanken verbinde.

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