Wenn Der Herr der Ringe ein weltberühmtes Fantasy-Epos ist, dann liefert das Silmarillion den soliden Hintergrund für die Ereignisse. Wer das Silmarillion liest, erkennt, dass die Ereignisse in Der Herr der Ringe nur eine kleine Episode in der gesamten, Jahrtausende andauernde Geschichte Mittelerdes ist. Für Fans ist dieses Buch ein Muss! Aber seid gewarnt: Es ist nicht ganz einfach zu lesen… Viele Personen, viele Schauplätze und viele Ereignisse.
Erstauflage: 1977
Seitenanzahl: 493 inkl. Anhang + Stammbäume
Stichwort: Ereignisse in Mittelerde vor „Herr der Ringe“
Review online seit 12.07.2008
Zuletzt gelesen: Mai 2013
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Das Silmarillion – Inhalt
Wer kennt nicht „Der Herr der Ringe“ von Tolkien! In den Büchern, und auch in den Filmen wird eine tiefe Hintergrundgeschichte angedeutet. Immer wieder gibt es Anspielungen auf uralte Wesen und Dinge, die früher einmal waren. Wer sich für Legenden und Geschichte interessiert, der horcht hier sicher auf!
Das Silmarillion ist wie eine Art Chronik zur Geschichte der Welt Arda, auf der sich auch Mittelerde befindet. Weniger ein Roman, mehr eine Bibel, die mit der Erschaffung der Welt durch den Gesang der Ainur beginnt. Illúvatar ist der „allmächtige Vater“, der das Universum und alles darin geschaffen hat. Die Ainur sind die ersten Wesen, die er schuf, und diese rief er zusammen, damit sie mit ihrem Gesang weitere Dinge entstehen lassen.
Der mächtigste der Ainur aber, Melkor, lehnt sich auf, er verändert leicht die Melodien, so dass der Gesang nicht mehr harmonisch ist. Das überträgt sich auf die Schöpfung. Als Illúvatar das bemerkt, verbannt er Melkor, der fortan auf Arda gegen alles Schöne und Gute kämpft. Melkor wird später auch Morgoth genannt, Schwarzer Feind der Welt. Sauron, der ultimativ Böse aus Herr der Ringe, wird Ewigkeiten später sein Diener. Dass Sauron in der Gesamtgeschichte Ardas gar keine so große Rolle spielt, sondern im Silmarillion nur am Rande vorkommt, musste ich auch erstmal verdauen :D
Vierzehn der Ainur entscheiden sich, die körperlose Sphäre zu verlassen und sich auf Arda niederzulassen. Sie werden zu Valar und errichten wunderschöne und harmonische Städte und Landschaften. Wenn da nicht Melkor wäre, der ständig alles zerstören und verdunkeln wollte – es folgen zahlreiche Kriege gegen Melkor und seine mächtigen Schattendiener.
Ja, auch Elben und Menschen kommen irgendwann dazu – schließlich wurde die Welt Arda für sie geschaffen. Die Zwerge sind dagegen mehr ein Nebenprodukt der Schöpfung.
Das Silmarillion – Rezension
Fasziniert nicht nur von der Story, sondern von der Tiefe der Geschichte aus „Der Herr der Ringe“, mit allen Völkern, den Städten, der Magie musste sich mein Blick unweigerlich irgendwann auf „Das Silmarillion“ richten. Ich, die ich immer interessiert an Geschichte und Legenden war – „an dem, was war“, nicht nur an dem, was ist – hatte viele Fragen zur Vergangenheit von Mittelerde, den Hintergründen der Völker und Personen. Darauf liefert das Silmarillion die Antworten.
Und nebenbei legte Tolkien mit seinem Universum, das er in Das Silmarillion beschreibt, den Grundstein für das „Rassen-Layout“ Elfen – Menschen – Zwerge, dem wir in dieser oder ähnlicher Konstellation immer wieder begegnen, z.B. in Die Elfen (Bernhard Hennen), Das Geheimnis der Großen Schwerter (Tad Williams) und Skyrim.
Epischer Hintergrund zu „Der Herr der Ringe“
Der Schreibstil lässt sich fast als „biblisch“ bezeichnen, was den bedeutsamen und legendenhaften Inhalt noch unterstreicht. Episch wird die Geschichte ab Erschaffung der Welt erzählt. Von Illúvatar, dem Einen, der die Ainur erschafft, die durch ihren Gesang die Welt entstehen lassen. Über Melkor, den mächtigsten der Ainur, der erfüllt von Hass Misstöne in den Gesang einwebt und Zwietracht sät. Über die Valar, die Maiar, die Elben, Menschen und Zwerge, über Kriege, Tod, Verrat und Liebe. Dieses Buch ist einfach episch.
Das Silmarillion ist keine zusammenhängende Erzählung, wie das normalerweise bei Büchern so ist. Es handelt sich mehr um eine Sammlung der Geschichte verschiedener Zeitalter über Jahrtausende hinweg. Und trotzdem kein langweiliges Geschichtsbuch mit Daten und einer kurzen Beschreibung: mit Zwischenerzählungen und wörtlicher Rede kommt Leben in die Sache. Dem Leser erschließt sich dadurch lebendiges Wissen, das ihm beim Herrn der Ringe noch fehlte. Wissen, das direkt im Zusammenhang steht mit den dortigen Geschehnissen.
Nachdem ich das Silmarillion gelesen hatte, konnte ich mir nicht mehr vorstellen, wie ich Herr der Ringe lieben konnte, ohne die Hintergründe zu verstehen. Das Simarillion war für mich voll von Überraschungen und Erkenntnissen, die in direktem Zusammenhang mit der Herr der Ringe stehen, wie z.B.
- Sauron, der seinem früheren Meister Melkor/Morgoth nacheifert
- wie alt Galadriel eigentlich ist (älter als Sonne und Mond)
- die Entstehung Gondors
- die Herkunft der Númenórer und deren Untergang
- was hinter dem Licht steckt, das Galadriel Frodo schenkt
- die Bedeutung des Weißen Baums Gondor
- wie Sauron nach seiner Niederlage durch den Letzten Bund der Menschen und Elben langsam wieder an Macht gewinnt
Episch!
Schwieriger Lesestoff
Aber: das Silmarillion gilt nicht umsonst als philosophisch und kompliziert. Es ist verwirrend zu lesen und besteht im Grunde aus aneinandergereihten Fremdwörtern: es wimmelt von Eigennamen von Charakteren und Bezeichnungen von Orten. Das macht es schwer, sich alles zu merken. Es ist ein riesiger Haufen Information, was da auf den Leser einprasselt, und ich konnte mir beim Lesen bei weitem nicht alles merken.
- Wer war wer und hatte was gemacht?
- Wer hatte welchen Ort gegründet und welches Volk lebte dort?
- Wie ging noch diese Legende, auf die hier wieder Bezug genommen wird?
Da kann einen schon mal Verzweiflung überkommen. Das Buch ist auf keinen Fall was für einen, der mal eben zwei Wochen Pause beim Lesen einlegt – wenn man schon beim täglichen Lesen nicht mehr mitkommt, kann man es bei längeren Pausen direkt stecken. Teilweise konnte ich mir von einem Tag auf den anderen nicht merken, wer die Person mit dem komischen Namen nochmal war. Wenn man die groben Zusammenhänge halbwegs versteht, reicht das aus. Dazu zählen
- Die Entstehung der Welt und der Mächte, die über sie herrschen
- Der ewige Zwist zwischen Valar und Melkor
- Die Ankunft der Erst- und Zweitgeborenen (Elben und Menschen)
- Was es mit dem Licht Valinors zu tun hat und wie die Valar und Elben über alle Zeitalter versuchen, dessen Reste wieder zu finden und zu hüten
Trotzdem bezeichne ich das Silmarillion als wertvoll. Es ist nichts für den Sonntagslektürenleser, sondern richtet sich direkt an die fantasybegeisterten Anhänger von Tolkien, die nicht genug vom Herrn der Ringe kriegen und mehr wissen wollen.
Das Silmarillion – Wertung
Vier Sterne für ein gewaltiges geschichtliches Werk voller Mythen, Legenden, Sagen und Fantasie. Ein Stern Abzug dafür, dass es recht schwer zu erfassen ist – was eigentlich nicht unbedingt ein Nachteil ist, sondern davon zeugt, dass Tolkien sein Herzblut in die Sache hat fließen lassen. Das macht es für den Leser allerdings auch nicht leichter ^^
[Nachtrag von 24.05.2013] Ich habe mich die letzten Wochen nochmal durch das Silmarillion gekämpft, weil ich „Der Hobbit“ und anschließend die Herr der Ringe Trilogie nochmal gesehen habe und mein Wissen über die Hintergründe auffrischen wollte. Im Großen und Ganzen stimme ich meiner Rezension hier wieder zu, diesmal fand ich es allerdings fast noch etwas schwerer, mich durch die Namen und Ahnenreihen zu kämpfen. Offensichtlich werde ich alt. Dennoch – für Fans der Filme ist das hier ein Muss.
Das Silmarillion – Zitate
Das Ende der Silmarillion-Erzählung
„Morgoth aber stießen die Valar durch das Tor der Nacht aus den Mauern der Welt hinaus in die Zeitlose Leere; und auf jenen Mauern steht eine ewige Wache, und an den Grenzen des Himmels wacht Earendil. Die Lügen aber, die Melkor, der Mächtige und Verfluchte, Morgoth Bauglir, die Macht von Haß und Furcht, in die Herzen von Elben und Menschen gesät, sind eine Saat, die nicht stirbt und nicht vernichtet werden kann; und von Zeit zu Zeit treibt sie neue Sprossen und wird ihre dunkle Frucht tragen bis zum letzten Tage.“
S. 345
Die Ringgeister
„Leichter waren die Menschen zu betören. Jene, welche die Neun Ringe gebrauchten, wurden Mächtige ihrer Zeit, Könige, Magier und Krieger von einst. Ruhm und große Schätze gewannen sie, doch unerträglich wurde es für sie. Ungesehen von allen Augen dieser Welt unter der Sonne konnten sie umgehen, und in andre Welten hatten sie EInblick, die den sterblichen Menschen unsichtbar sind; doch allzu oft sahen sie nur Phantome und Trugbilder Saurons. Und einer nach dem anderen, früher oder später, je nach ihrer Stärke von Geburt und ihrem guten oder bösen Willen zu Anfang, wurden sie Knechte des Rings, den sie trugen, und fielen unter die Herrschaft des Einen, und der war Saurons. Und sie wurden auf ewig unsichtbar, außer für ihn, der den Herrscherring trug, und traten ins Reich der Schattetn hinüber. Die Nazgûl waren sie, die Ringgeister, die furchtbarsten Diener des Feindes; Dunkelheit war um sie her, und sie schrien mit den Stimmen des Todes.“
S. 388
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