Ja, liebe Leute, das hätte ich zwei Jahren sicher noch nicht für möglich gehalten, aber es ist so. Vor ziemlich genau einem Jahr hatte ich schon aufgehört, Fleisch zu essen und bin bald darauf von Kuhmilch auf Hafermilch umgestiegen. Im Dezember hatte ich noch darüber berichtet, wie es ohne Fleisch so läuft.
Kurz darauf war auch das schon nicht mehr aktuell: Seit Januar kaufe ich, bzw. wir, auch keinen Käse, keinen Joghurt, keine Schokolade und keine Eier mehr. Der Inhalt unseres Einkaufswagen ist komplett vegan.
Veganismus heißt: Keine Produkte tierischen Ursprungs konsumieren. Vegetarier essen kein Fleisch, Veganer gar nichts mehr, was aus Tieren oder deren Erzeugnissen besteht. Auch Leder, Daune, Wolle sind beispielsweise tabu.
Aber woher nun dieses Umdenken? Im Dezember war Käse für mich noch in Ordnung. Darauf zu verzichten konnte ich mir nicht vorstellen.
Schuld ist Dominion.
Das ist Real Life Horror: Dominion
Im Januar bin ich nachts auf Twitter über die zweistündige Doku Dominion gestolpert. Sie zeigt auf, was Fleisch-, Milch-, Eier-, Pelz-, Daunen- … und so viel mehr -Industrie genau bedeutet. Der Zuschauer wird schonungslos damit konfrontiert, wie das Leben (und Sterben) von Tieren in der Massentierhaltung aussieht, vom Schwein über Rind und Huhn, auch Fische und Schafe.
Die gezeigten Bilder stammen aus Australien, also einem kultivierten, westlich geprägten Land. Am Ende sehen wir auch, was in einem Land ohne gewissen Tierschutz noch möglich ist (Spoiler: … das ist unaussprechlich).
Ich meine, eigentlich weiß es jeder. Tiere werden getötet, damit wir Fleisch bekommen. Andere Tiere werden ausgenutzt, damit wir Milch, Eier, Daunen usw. bekommen. Wir wissen das. Aber wir versuchen es zu verdrängen, kleinzureden. „So schlimm ist es sicher nicht, ich kaufe ja Bio“. Mir ging es so: Was ich weiß, reichte mir, um kein Fleisch mehr zu essen. Alles andere wollte ich nicht so genau wissen, weil was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Den Kommentaren auf Twitter nach zu urteilen war mir im voraus klar, auf was ich mich mit dieser Doku einlasse. Vermutlich die schlimmsten Bilder meines Lebens. All das, was man nun wirklich nicht sehen will, wenn man Schokolade, Käse oder Eier kauft (oder Fleisch, natürlich).
Ich wollte Dominion eigentlich nicht schauen, wirklich nicht. Aber ich fand, ich muss. Schließlich kauf ich ja tierische Produkte und ich bin erwachsen. Deswegen muss ich Verantwortung für meine Entscheidungen übernehmen und habe auch die Pflicht, mir anzuschauen, was genau ich kaufe – insbesondere, wenn meine Kaufentscheidungen einen Beitrag zum Erhalt einer Industrie beitragen, die alles andere als schön ist.
Also schaute ich. Nachts, im Bett, auf dem Handy, wenigstens eine Stunde lang. Das hat mir erstmal gereicht. Die zweite Stunde folgte in der Nacht danach.
Dominion ist wirklich das Schlimmste, was man sehen kann, dieser Film ist kaum zu ertragen. Ich konnte ihn nur mit Grauen und in Schockstarre anschauen. Dominion traumatisiert und ließ mich mit Scham, Schuld und vielen, vielen Tränen zurück. Die Bilder aus Dominion, und ja, auch die Geräusche, sie verwundeten mein Herz und meine Seele. Ich wusste tagelang nicht, wie ich damit weiterleben kann.
Für mich war es das dann mit Käse & Co. So sehr ich immer Fleisch, Eier, Käse usw. geliebt habe – so sehr denke ich jetzt auch: Es steht mir nicht zu. Nicht zu diesem Preis.
Und das wars. Seit Dominion kaufen wir nur noch vegan. Dominion sorgt auch im Supermarkt für ein Umdenken. Ich stehe dort, umgeben von Plastik-verpacktem Fleisch und Käse, und sehe und höre Tiere schreien. Für mich ist der „tierische Zug“ definitiv abgefahren.
Pierre hat Dominion nicht gesehen. Ihm reicht es, dass ich es gesehen habe und die Entscheidung getroffen habe, dass es schlimm genug ist, um vegan zu werden. Die grausigen Details will er sich wohl um seines Seelenfriedens Willen nicht anschauen und ist auch ohne Dominion mit mir jetzt vegan.
Aber so schlimm Dominion auch ist: Es bringt Positives mit. Die Umstellung auf vegane Ernährung ist weniger schwierig als gedacht.
Vegane Ernährung ist gut machbar
Nach dem Umstieg auf Vegetarisch vor einem Jahr hatten wir ja schon einige Erfahrung mit Fleisch-Ersatzprodukten gemacht. Und wir sammeln damit weiterhin Erfahrungen. Es gibt mittlerweile so viele leckere vegane Alternativen und Einkaufen macht mir richtig Spaß. Wir rennen jetzt in jedem neuen Supermarkt voller Vorfreude zum veganen Regal und schauen, was es dort Leckeres gibt.
Wir haben uns durch verschiedenen Käseersatz durchgefuttert. Käse ist noch immer nicht einfach – die Käsealternativen schmecken mir nicht so gut wie echter Käse. Aber es geht, und es gibt genug anderen veganen Brotbelag.
So mag ich mittlerweile veganen Eiersalat – schmeckt wie Eiersalat ^^ Oder veganen Fleischsalat :D Fleischsalat hab ich früher nie gegessen, weil es mir zu fleischig war. Jetzt ist kein Fleisch drin, also greife ich gern zu. Schmeckt klasse.
Und natürlich kann man auch einfach anders kochen. Früher hab ich mit Aubergine nichts anzufangen gewusst, aber mittlerweile – einfach so mal Auberginenscheiben anbraten und würzen. Super lecker. Oder Rote Linsen-„Bolognese“ <3
Letzte Woche haben wir auch erstmals vegan gegrillt. Es gab vegane Burgerpatties – sehen aus wie Fleischpatties, saften auf dem Grill sogar rot. Sie schmecken anders – aber eben anders gut. Auch vegane Chorizo-Würstchen der Marke „Peas of Heaven“ sind superlecker auf dem Grill, die schmeckten sogar genauso wie ihr Fleisch-Pendant. Fleisch fehlt mir mit all diesen leckeren Alternativen nun so gar nicht mehr. Es hat jeglichen Reiz verloren.
Seit ein paar Wochen bin ich Fangirl der Lidl-Marke Vemondo. Die haben so viel gute vegane Alternativen, dass Lidl mittlerweile die Anlaufstelle für unseren Hauptbedarf ist.
Dort gibt es „No Milk“-Milch – schmeckt wie Kuh-H-Milch und kostet mit 1,25 € über einen Euro weniger als die gleiche Milch von Alpro. Das ist bisher mit Abstand die beste Alternativ zu Kuhmilch steckt als pflanzliche Alternative Kuhmilch locker in die Tasche. Auch zum Aufschäumen gibt es vegane Milch. Da bleiben keine Wünsche offen.
Vegan einkaufen ist Umstellung, ja, aber nicht zum Schlechteren. Man schaut einfach weiter über den Tellerrand hinaus und kauft anders ein. Ich freue mich wie ein Kind über jedes Vegan-Label im Supermarkt :D
Es gibt auch wirklich viele Marken, die ihre Produkte jetzt als vegane Alternative anbieten, etwa Iglos veganes Bordelaise-Schlemmerfilet oder Rügenwalders vegane Wurstprodukte. Ich liebe es einfach, immer wieder Neues zu entdecken und zu sehen, wie immer mehr Produkte auf dem Markt kommen :D
Die Ausnahmen
Ich habe es bisher vermieden, mich als Veganerin zu bezeichnen, denn das würde nicht ganz stimmen. Ja, im Alltag und somit in 99 % der Zeit leben wir vegan. Aber.
Es hat eine Weile gedauert, alle tierischen Lebensmittel aufzubrauchen – denn wegwerfen kommt auch nicht infrage. Selbst jetzt steht noch Rinderbrühe im Regal, die ich nach und nach wegkochen werde. Auch Honig haben wir noch übrig. Ich hab auch noch eine Daunendecke auf dem Bett und werde sie auch behalten. Ich hab Lederschuhe und Merino-Pullis.
Und bis vor einer Woche habe ich mir auch beim Einkauf eine Ausnahme erlaubt: Jeden Samstag habe ich ein Stück Kuchen gekauft. Das war in den seltensten Fällen vegan – weil es keine Alternative gibt. Selbst backen war bzw. ist für mich kein Thema. Aber das habe ich jetzt abgestellt. Entweder, wir finden veganem Kuchen, oder es gibt gar keinen Kuchen. Fertig aus.
Aber auch abgesehen vom restlichen Honig und der Daunendecke: Die Transformation in Vegan-Lucyda ist noch nicht ganz abgeschlossen.
Wann immer möglich esse ich vegan, auch „außerhalb“. Aber was, wenn es keine vegane Alternative gibt?
Was ist bei Verwandten-Besuch? Bei den Eltern haben wir um „kein Fleisch“ gebeten. Das ging, und die Eltern waren beide sogar verständnisvoll, im Sinne von „muss ja auch nicht immer Fleisch sein“. Aber kann man verlangen bzw. darum bitten, vegan zu kochen? Oder soll ich mein eigenes Zeug mitbringen?
Hier muss ich meine Lösung noch finden.
Oder der Fall „Restaurant“: Mit Verwandten im Gasthaus ohne vegane Gerichte. Was tun? Wir haben vegetarisch bestellt. Wäre hier die Alternative zu sagen: Bitte dieses vegetarische Essen, aber ohne tierische Inhaltsstoffe? Kann man das verlangen? Oder wäre die Lösung zu sagen: Nur Kartoffeln ohne Soße mit Erbsen und Möhren? Ich scheue mich noch, vor versammelter Mannschaft den Kellner auszufragen, ob im Dressig Milch drin ist.
Auch hier muss ich noch arbeiten.
Ich denke, das wird sich noch entwickeln. Allgemein bin ich aber sehr froh, dass ich, bzw. wir, es geschafft haben, Veganismus nicht als Verzicht anzusehen, sondern als Chance, Neues zu probieren. Das macht viel Spaß und bereichert uns auch sehr. Für alles andere wird sich auch noch eine Lösung finden.
Danke fürs Lesen :D
Wenn du dich für vegane Ernährung erwärmen kannst, lass doch mal hören, was deine Erfahrungen sind :)
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