Pioniere und Entdecker gab es ja immer. Sie besegelten die Weltmeere auf der Suche nach unbekanntem Land und Abkürzungen für bekannte Routen. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden die zu entdeckenden Orte und glorreichen Missionen langsam knapp. Das Interesse richtete sich hier dann auf den hohen Norden und den tiefen Süden des Erdballs: Die Pole hatte noch niemand erreicht im Norden interessierte man sich besonders für eine Nord-West-Passage, am Nordpol vorbei nach Asien, was den weiten Umweg an Afrika vorbei obsolet gemacht hätte.
Der Ruf des Nordpols
Immer wieder brachen also Expeditionen auf, von denen ich hier im Plejadium auch schon ein paar angerissen habe: Da wäre z.B. die britische Franklin-Expedition aus den 1840er Jahren, die auf der Suche nach der Nord-West-Passage verscholl und nie wieder auftauchte. Die erste Passage gelang dann auch erst viel später dem Norweger Roald Amundsen während einer dreijährigen Reise von 1903 bis 1906. Amundsen ist legendär, er erreichte mit seinem kleinen Team Ende 1911 auch als erster den Südpol.
Im heutigen Beitrag geht es um eine geplante deutsche Expedition zum Nordpol. 1909 kündigte Graf Ferdinand von Zeppelin im hohen Alter von 71 Jahren an, eine Luftschiff-Expedition vorzubereiten. Zeppelin selbst ist Luftschiffpionier: Wenn er auch das Luftschiff nicht selbst erfand, leistete er doch großartige Arbeit bei der Verbesserung und Kommerzialisierung von Luftschiffen.
Die Idee, den Nordpol mit einem Luftschiff zu erreichen, war auch nicht neu, 1906 und 1909 hatte bereits der Amerikaner Walter Wellman entsprechende Versuche unternommen, war aber schon nach wenigen Flugmeilen gescheitert. Es klingt aber logisch. Mit einem Schiff ließ sich der Nordpol nicht erreichen, aber eine Expedition am Boden erscheint durch das kantige Packeis schwierig und gefährlich. Also warum nicht einfach hinfliegen?
Das dachten sich dann eben auch Graf Zeppelin und sein Begleiter, der Meteorologe Hugo Hergesell. An diesen Unternehmungen hing natürlich auch sehr viel Prestige – nicht nur für die Beteiligten, auch für deren Nation.
Letztlich fand die Expedition 1910 tatsächlich statt – allerdings nur bis nach Spitzbergen. Den eigentlichen Abschnitt zum Nordpol wagten die Teilnehmer gar nicht. Offenbar war man während der Reise zu der Einsicht gelangt, dass es nicht möglich ist, den Nordpol mit einem Luftschiff zu erreichen.
Der Nordpol und Luftschiffe – das gehört einfach zusammen
Entgegen der Einschätzung der Zeppelin-Expedition, dass der Nordpol sich nicht per Luftschiff erreichen ließe, geschah genau das einige Jahre später. Umberto Nobile, ein Italiener, flog 1926 mit dem Luftschiff Norge nachweislich als erster Mensch über den Nordpol. Mit an Bord war auch Amundsen, der wohl immer überall mit dabei war, wenn es irgendwie um „polar“ ging ^^
Zwei Jahre später allerdings stürzte Nobile mit seinem Luftschiff Italia bei einem weiteren Versuch ab und Dutzende Rettungsexpeditionen liefen aus, um die Italiener zu finden. Darunter auch, mal wieder, der alte Amundsen. Er hatte sich mit einem Flugzeug zusammen mit einer Handvoll Männer auf den Weg gemacht. Während Nobile und seine Leute allerdings einige Wochen später nach dem Absturz gefunden wurde, verschwand Amundsens Flugzeug spurlos und wurde nie wieder gefunden.
Diese Tragik!
Mit dieser dramatischen Geschichte befasst sich ausführlich das Sachbuch „Amundsens letzte Reise“ von Monika Kristensen, für das ich eine Rezension geschrieben habe.
Und damit schließt sich auch der Kreis um Amundsen, Zeppeline und Polexpeditionen und wir werfen endlich einen Blick auf unsere heutige Quelle :D Sie ist nicht „für sich“, also inhaltlich, so interessant, sondern sie stellt ein weiteres Puzzlestück im Bild der vielen Nordpolar-Expeditionen dar. Außerdem gefiel mir, dass neben der Meldung eine fortschrittliche Grafik mit Karte und Route abgebildet ist :D
Die Suche nach dem Platz an der Sonne
Erwähnt wird hier auch der deutsche Kaiser Wilhelm II., der sich für Zeppelins geplante Mission begeisterte. Wilhelm war für solche Pioniertaten sehr offen, so ließ er sich auch vom Osmanischen Reich für die Finanzierung der Bagdad-Bahn einspannen. Geplant war eine 1600 km lange Eisenbahnlinie, die ab 1903 gebaut wurde und die zentraltürkische Stadt Konya mit Bagdad im heutigen Irak verbinden sollte. Darüber hab ich meine allererste Hausarbeit im 1. Semester des Geschichtestudiums geschrieben :D (Ich mag Züge!)
Die Bagdad-Bahn wurde von den Ereignissen der Geschichte eingeholt, nämlich dem ersten Weltkrieg und dem Fall des Osmanischen Reiches. Sie wurde erst später fertig und hatte nie den Erfolg, den man sich zu imperialistischer Zeit ausgemalt hatte. Wilhelm hatte dazu Träume, dass das deutsche Reich als einer der wichtigsten Partner der Osmanen und durch die Beteiligung an der Eisenbahn auch günstig an Rohstoffe und Handelswaren „aus 1001 Nacht“ käme. Vermutlich sah er sich schon als Kalif gekleidet mit der Bahn ins Morgenland fahren.
Viele andere prestigeträchtige Großprojekte, an denen man sich hätte beteiligen können, gab es ja allerdings andererseits auch gar nicht mehr.
Mit Graf Zeppelin zum Nordpol
Eine deutsche Nordpolexpedition des Grafen Zeppelin.
Graf Zeppelin beabsichtigt, sein großes Werk durch eine kühne Tat zu krönen. Er will mit einem eigens für diesen Zweck gebauten Luftschiffe von der Cross Bay an der Westküste von Spitzbergen aus eine Anzahl großer Expeditionen zur geographischen, geophysikalischen und der aerologischen Erforschung der unbekannten arktischen Regionen nördlich von Grönland unternehmen.
Der bekannte Meteorologe Prof. Hugo Hergesell will den Grafen auf dieser Expedition begleiten. Die Vorexpeditionen zur Vorbereitung des Hauptunternehmens werden bereits im nächsten Jahre beginnen. Das Luftschiff soll die Fahrt von Deutschland bis Spitzbergen über Norwegen mit eigenen Kräften zurücklegen. Professor Hergesell, auf dessen Rat Graf Zeppelin die Cross Bay als Stützpunkt für die einzelnen Expeditionen wählte, hat dem Deutschen Kaiser über das gewaltige Projekt Bericht erstattet. Der Kaiser hat das Protektorat über das Unternehmen übernommen; mit ihm hofft ganz Deutschland auf einen glorreichen Erfolg des greisen Luftschiffers und seines gelehrten Begleiters.[…]
Transkription
Und die folgende Meldung aus der gleichen Ausgabe will ich euch nicht vorenthalten :D Es geht um die unterirdische Leistung einer Feuerwehr in Schwerte-Ergste. Was schief gehen kann, geht schief, und am Ende ist das Haus abgebrannt.
(Eine „Meister-Feuerwehr“) besitzt unstreitig das westfälische Örtchen Ergste. Vor einiger Zeit brannte, wie man in einem Blatte der Umgebung liest, das Wohnhaus der Witwe Meier bis auf Stallung und Schmiede völlig nieder.
Als bekannt wurde, dass es brenne, bemühte sich die Feuerwehr vergebens, ein Pferd zu bekommen, das die gute alte Spritze zum Brandplatz schaffen sollte. Hierauf beschloss man, die Spritze selbst zu ziehen, was mit Anstrengung aller Kräfte – die Spritze war seit undenklicher Zeit nicht mehr geschmiert worden – gelang.
Am Brandplatz ging es mit Eimern an die Füllung des Wasserkastens, doch, o weh: es floss mehr Wasser heraus, als man hineinschütten konnte. Nachdem der Wasserkasten dann endlich verdichtet worden war, hätte man löschen können, wenn nicht die Schläuche undicht gewesen wären. Ehe sie geflickt waren, war das Haus bis auf den Grund abgebrannt. Die brave Wehr rückte ab, und der Spritzenmeister, der übrigens am Erscheinen verhindert worden war, durfte am anderen Tage seine gute alte Spritze allein zurückholen.
Rosenheimer Anzeiger vom Samstag, dem 10. Juli 1909, S. 5, Quelle
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