Dass Katzen nicht alle Tassen im Schrank haben, ist reichlich bekannt. Wenn man im Lexikon „irrational“ nachschlägt, findet man daneben das Bild unserer Katzen Luna und Lopi. Mich dünkt, ich habe vielleicht schon zu lange nicht mehr im Rahmen der Beitragsserie „Schrödingers Katze“ über ihre Taten berichtet. Zeit, das mal nachzuholen – und zwar gleich mehrere Episoden auf einmal!
Keine tote Maus für uns
Anlass für diesen Beitrag ist die Geschichte, die sich heute zutrug. Es grünt und sprießt im Garten und die Sonne scheint, die Terrassenzeit ist angebrochen. Da steht die Terrassentür meist den ganzen Tag offen, uns dazu einladend, immer mal wieder die Südterrasse aufzusuchen und Sonnenstrahlen zu absorbieren.
Und so höre ich aus meinem Computerzimmer plötzlich merkwürdige Katzengeräusche aus dem Wohnzimmer. Um mögliche Untaten möglichst früh zu unterbinden, stehe ich auf und renne rüber. Meine kleine Katze Luna liegt hechelnd am Boden, in einer Armlänge Abstand hat sie eine Maus abgelegt. Ein relativ großes Exemplar und offensichtlich ziemlich tot.
Meistens finden wir sonst immer nur traurige Mäuse-Überreste wie Nieren und Köpfe (zum Glück allerdings draußen und nicht im Wohnzimmer). Dann haben die früheren Organbesitzer als Snack gedient. Aber diese Maus hier war unversehrt (bis auf tot eben). Hin und wieder bringt Luna eine Maus mit, die offenbar für uns bestimmt ist. Die ist dann nicht zum Fressen da, sondern als Geschenk.
Freudig erregt bedanke ich mich bei Luna. Fürs Abendessen ist also gesorgt. Ich muss daran denken, dass Katzen uns Menschen wohl (zurecht) für schlechte Jäger halten, schließlich jagen wir nicht mit ihnen um die Wette, sondern essen irgendwelches Zeug, das meistens nicht ganz so frisch ist wie eine soeben abgelebte Maus. Großzügig lässt sie uns also an ihrem Jagderfolg teilhaben, damit wir auch mal was Vernünftiges zu essen bekommen.
Nun liegt also eine intakte, tote Maus auf dem Präsentierteller, bzw. auf dem Wohnzimmerboden. Super. Luna hechelt noch, sie ist direkt von ihrem Jagdausflug zurück gekommen. Ich streichle sie und gehe ins Badezimmer, um die Maus mit Klopapier direkt in die Pfanne zu werfen (jedenfalls habe ich das Luna gesagt).
Als ich zurückkehre, ist Pierre laut am Lachen. „Lass,“ sagt er. „Die Maus ist weg“. That eskaleted quickly. Was war passiert? Während ich für 10 Sekunden aus dem Raum ging, wollte Pierre Luna eine Belohnung in Form eines Leckerlis zukommen lassen. Für Geschenke bedankt man sich schließlich. Er schüttelte die Leckerli-Dose, was Kater Lopi auf den Plan rief. Er kennt das Geräusch sehr genau, für Futtergeräusche hat er ein äußerst feines Gehör, auch, wenn er gerade draußen irgendwo im Schatten schläft.
Jedenfalls kam Lopi durch die Terrassentür geschossen, in Erwartung kleiner Leckerbissen. Er sah die Maus am Boden, dachte sich „Och, na so ein Glück“, schnappte sich die Maus und verschwand mit ihr wieder nach draußen, um sie zu futtern. Da hat der Meisterschlinger wieder zugeschlagen. Bloß kein Essen schlecht werden lassen!
Luna betrachtete das ganze eher desinteressiert. Sie hat ihre Pflicht ja erledigt und uns was zu beißen gebracht. Wenn wir so schlechte Jäger sind, dass wir sogar totes Essen entkommen lassen, haben wir es auch nicht anders verdient.
Übrigens hatte sie nur 20 Minuten später noch eine weitere, kleinere Maus geholt und die draußen auf der schönen, sonnigen Terrasse verspeist – bis auf Kopf und Nieren.
„Hilfe, ich bin auf einem Baum!“
Direkt neben unserem Grundstück befindet sich eine eingezäunte Apfelbaumwiese. Die Apfelbäume fangen gerade an, Blätter und Blüten zu treiben, eine Pracht! Letzte Woche waren die Zweige noch kahl. Aber das Wetter war schön, wir saßen auf der Terrasse, genossen die Sonne und grillten.
Plötzlich hören wir es im Apfelbaum wenige Meter entfernt rascheln. Wir richten unsere Blicke auf den Baum und sehen Kater Lopi, der in der Baumkrone herumklettert. Katze in Baum, das mag so seltsam nicht klingen. Ist es eigentlich auch nicht, Luna treibt sich dort ständig elegant und gekonnt rum. Lopi aber nicht. Er ist mehr so die Bodenkatze, die gemütliche „Im Schatten liegen und schlafen“-Katze und weniger der „Ich laufe senkrecht Bäume hoch“-Turner. Viel zu stressig.
Jetzt aber sitzt er im Baum und schaut doof zu uns rüber. Irgendwas gibt uns das Gefühl, dass es sein erstes Mal auf diesem Baum ist. Vielleicht, weil er kläglich miaut? (Oder will er vielleicht was vom Grillfleisch abhaben?) Oder weil er sich im Kreis dreht und nach oben und unten schaut? Er schnuppert am dicken Baumstamm und hat offenbar keine Lust, die zwei Meter runterzuspringen.
Und so macht Lopi das, was niemand, der seine fünf Sinne zusammen hat, machen würde: Er klettert weiter. Auf den großen Armen des Stammes balanciert er vom Stamm weg nach außen. Er betritt Äste und schließlich ein Geflecht aus Zweigen, dort, wo der eine Apfelbaum schon die Krone des nächsten Apfelbaumes berührt. Da sitzt also ein Kater, der übrigens gar nicht so klein und schlank ist, sondern schon seine 6-7 kg auf die Waage bringt. Die Äste wiegen hin und her, während der Kater sich fragt, was er eigentlich will. Es knackst und raschelt, ein paar Baumteile (verschrumpelte Äpfel aus dem Vorjahr?) segeln herab.
Wir mutmaßen, dass er runterfallen wird. Helfen können wir ihm nicht, die Baumwiese ist ja eingezäunt, und im Gegensatz zu Luna klettern wir nicht einfach über den Maschendrahtzaun. Da muss der Kater also allein klarkommen. Mit seinen über zehn Jahren Lebenserfahrung hat er offenbar noch kein prägnantes Wissen in Baumkronenkletterologie sammeln können.
Gerade, als ich den Fotoapparat hole, um des Katers Reise im Geäst eines Baumes für die Nachwelt festzuhalten, findet er aber seinen Weg runter auf den Boden. Pierre hat es auch nicht gesehen, wir vermuten, dass er elegant den üblichen Weg den Stamm runter genommen hat, statt wie ein reifer Apfel einfach runterzuplumpsen. Aber möglich wäre auch das :D
Wasserrutsche Motorhaube
Denn mit Runterfallen kennt Herr Kater sich aus. Die folgende Geschichte ist schon etwas länger her, aber sie soll doch erzählt werden.
Eines Abends kam ich von der Arbeit zurück und parkte mein Auto wie immer auf dem Parkplatz. Es war schon dunkel und Tau hatte sich auf den anderen Autos niedergeschlagen.
Wie so oft holte Kater Lopi mich vom Parkplatz ab, um mich hoch zur Wohnung zu begleiten. Während ich noch meine Siebensachen aus dem Auto kramte, wollte Lopi seine eleganten Auto-Kletterkünste demonstrieren. Dass die Katzen gern auf Autos herumklettern, zeigen die Pfotenspuren, die sie immer wieder auf Motorhauben und Frontscheiben hinterlassen.
Nun aber war das Blech tau-feucht. Lopi sprang auf die stark geneigte Motorhaube irgendeines Kleinwagen. Sonst kein Problem, aber der Wasserrutscheneffekt ist uns Menschen zumindest wohl bekannt. Die Motorhaube war glatt, ich hörte nur ein Quietschen, wie ein nasser Schwamm beim Fensterputzen, als der der Kater sich nicht halten konnte und zappelnd von der Motorhaube rutschte. Der Kater landete wenig elegant wieder am Boden der Tatsachen. Immerhin auf vier Pfoten, denn das scheint Katzen ja in den Genen zu liegen.
„Heute nicht!“ hatte sich wohl die Motorhaube gedacht und leise gekichert. Und das Geräusch des rutschenden Katers ist mir bis heute im Kopf geblieben :D
Baumfällerin Luna
Wenn Luna keine Katze wäre, wäre sie in ihrem Leben als Mensch sicher Baumfällerin geworden. Ihr berufsweisendes Talent zeigte sich schon früh in unserer alten Wohnung. Davor stand ein größerer Busch mit hübschen gelben Blüten im Frühling. Luna pfiff auf die Blüten und nutzte den Busch als Kratzbaumersatz. Mehrmals täglich rückte sie dem armen Busch auf den Leib und schärfte am Stamm ihre Krallen. Mir gefiel das nicht, aber Luna lässt sich nicht aufhalten, besonders nicht, wenn ich nicht zur Stelle bin, um sie zu rügen.
Und ich dachte auch nicht, dass das dem kleinen Bäumchen so weh tun würde. Klar, Luna hatte durch die Rinde hindurch den Stamm richtig zerfetzt, aber ich dachte, ja, naja, so eine kleine Katze kann doch einen gesunden, brusthohen Busch nicht umbringen. (Da kannte ich auch noch nicht Peter Wohhlebens „Das geheime Leben der Bäume„).
Falsch gedacht. Eines frühlings jedenfalls kamen weder gelbe Blüten noch grüne Blätter. Der Busch war offenbar tot. Und einige Monate später trafen wir unseren Vermieter an, als er den Busch ausgrub. Kleinlaut und ohne hinzuschauen („lalala, dududu!“) huschten wir vorbei. Nicht, dass er bemerkte, dass wir genau wussten, was dem armen Gewächs zugestoßen war.
Diese Erfahrung war so traumatisch, dass wir bald darauf ausgezogen sind. Naja, das ist vielleicht übertrieben, aber jedenfalls sind wir letztes Jahr umgezogen.
Tja nun, und hier gibt es viele Büsche und Bäume. Als erstes ging es einem beinahe haushohen Tuja-artigen-Baum ans Leder, bzw. an die Rinde. Immer wieder ertappte ich Luna, wie sie ihre Krallen daran schärfte. Mal davon abgesehen, dass ich nicht wollte, dass Luna noch einen Baum über den Jordan schickte, würde es doch ziemlich auffallen, wenn von so einem mehrere Meter hohen, immergrünen Baum auf einmal nur noch ein trauriges, definitiv ungrünes Skelett übrig bliebe.
Pierre brachte Kaninchendraht mit und wir umwickelten den Stamm zu seinem eigenen Schutz. Seitdem ist Ruhe.
Aber daneben steht ein anderer Busch, direkt vor meinem Fenster. Erst gestern beobachtete ich, wie die dünnen Äste des Busches zu zittern begannen. Der Wind war es nicht. Ich schaute aus dem Fenster zum Stamm und sah Baumfällerin Luna, wie sie dem Baum zuleibe rückte. Gottverdammt! Sogleich schickte ich die Kavallerie. Pierre rückte mit noch mehr Hasendraht an und nun haben wir zwei Bäume in Käfigen.
Aber es gibt noch so viele Bäume. Zum Beispiel auf der erwähnten benachbarten Obstwiese. Luna muss eben kratzen. Sie hat es immer wieder auf einen bestimmten Baum, und dort auf eine bestimmte Stelle abgesehen. Ich weiß nicht, wie lange seine Rinde das mitmacht. Wir erwägen, in einer Nacht- und Nebel-Aktion über den Zaun zu klettern (er hat oben drauf Stacheldraht..!) und den Baum einzukäfigen. Bzw. alle Bäume, die dort stehen, und am Besten alle Bäume im Umkreis von 300 Metern. Sonst bleibt am Ende nur noch eine Mondlandschaft mit zerfetzten Bäumen übrig, wie 1916 in Verdun.
Was soll man da nur tun? Und es ist ja nicht so, als hätte Madame bei uns zu Hause nichts zu kratzen. Sie schärft auch in der Wohnung ihre Krallen an den drei dafür vorgesehenen Kratzbäumen. Und am Sofa – das konnten wir durch lautes Geschrei und die heilsame Spritzwirkung einer Wasserpistole mittlerweile glücklicherweise eindämmen. Wir beobachten die Situation am Apfelbaum weiter.
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