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[Kino] Mortal Engines – Raubstädte auf Rädern

Mortal Engines

Endlich mal was anderes im Kino! Mortal Engines – Krieg der Städte erfreut Freunde von Steam Punk-Settings mit Bildern von riesigen Städten auf Rädern, die in einer postapokalyptischen Welt Jagd auf kleinere Städte machen. Atemberaubende Ausblicke und Kamerafahrten sind dabei garantiert. Dafür schwächelt die Story. Trotzdem – wer jetzt um die Jahreswende Lust auf einen Film hat, der dich in eine andere Welt versetzt, der sollte Mortal Engines – trotz des etwas marterialistischen Namens – in Erwägung ziehen :D

Mortal Engines

[toc]

Mortal Engines basiert auf der gleichnamigen Jugendbuchreihe von Philip Reeves aus den frühen 2000er Jahren. Mittlerweile hab ich mich ein bisschen durch das Mortal Engines-Wiki gelesen und festgestellt, dass die Story des Films wie gewohnt etwas von der Buchvorlage abweicht. Auch, wenn wohl hier einige wichtige Szenen fehlen – vor allem andere Riesen-Raubstädte wie die noch größere Panzerstadt Bayreuth – und dort Charaktere verändert wurden, ergibt die Verfilmung von Mortal Engines am Ende ein abgerundetes Bild.

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Eine postapokalyptische Welt mit Raubstädten

Es ist rund 1000 Jahre her, seit sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts die Zivilisation mit schrecklichen Quantenwaffen selbst zerstört hat. Nach dem 60-Minuten-Krieg lag die gesamte Welt in Schutt und Asche – zusammen mit ihren technischen Errungenschaften. Die Überlebenden sammelten sich in Städten und kehrten zu Dampfmaschinen zurück. Da die Ressourcen immer knapper wurden, wurden die Städte mobilisiert. Als riesige Maschinen auf Ketten, genannt Traktionsstädte, fahren sie durch die Landschaft und verleiben sich kleinere Städte und Handelsposten ein, die nicht schnell genug aus dem Weg kommen.

Eine der größten Raubstädte ist London, das vor sechs Monaten über eine neue Landbrücke auf das europäische Festland kam und nun hier Jagd macht. Das Bild des fahrenden Londons mit der St. Pauls Cathedral an der Spitze und der rostigen Großbritannien-Flagge an der Front, flankiert von zwei sitzenden Löwen, ist ziemlich einprägsam :D

Doch auch auf dem Festland gibt es immer weniger Beute. Zu Beginn sehen wir, wie eine kleine bayerische Salzschürfer-Stadt versucht, vor London zu fliehen. Sowas ist natürlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein für den riesigen Energiebedarf Londons.

Auf der Flucht
Kleine bayerische Stadt auf der Flucht vor London (im Hintergrund)

Thaddeus Valentine (gespielt von Hugo Weaving a.k.a. Elrond a.k.a. Agent Smith) ist das Oberhaupt der Historikergilde in London und bekleidet darüber hinaus den Posten eines wichtigen Kommandeurs in London. Historiker und Archäologen sind in Mortal Engines angesehene Personen (ohhh, das geht runter wie Öl :D), da sie sich mit den untergegangenen „Großen Alten“ beschäftigen und versuchen, deren Technologien zu entschlüsseln.

Valentine setzt voll und ganz darauf, mithilfe von Old Tech, also technologischer Überreste der „Alten“, die Verbesserungen an der Energieversorgung herbeizuführen, um nicht mehr immer weniger ertragreiche Jagd auf andere Städte angewiesen zu sein. An Old Tech kommt er vor allen durch das Durchsuchen einverleibter Städte und durch Ausflüge mit dem Luftschiff an lohnenswerte alte Stätten.

Valentines Tochter Katherine arbeitet zusammen mit dem jungen Mann Tom Natsworthy als angehende Historiker im Museum, das Relikte früherer Zeiten bewahrt. Als unter unfreiwilligen Neuankömmlingen in London eine vermummte junge Frau Valentine erstechen will, kann Tom sie wegstoßen und verfolgt die Rothaarige, Hester Shaw, durch den Maschinenraum Londons.

Am Ende fallen beide durch ein Müllentsorgungsrohr nach draußen. Hester hat wenig Interesse, sich mit Tom zu unterhalten – schließlich hat er ihren Anschlag vereitelt. Die beiden schlagen sich nun allein durch die von tiefen Fahrspuren zerfurchten Landschaft. Nach und nach erfährt Tom, dass an Valentine einiges nicht stimmt.

Die Welt in Mortal Engines

Das ganze Setting ist im Steam Punk angesiedelt: Es gibt viel Kohle, Feuer und jede Menge Rauch, irgendwie altertümlich wirkende Kleidung, mit Mustern verzierte Schusswaffen und massive Hebel statt Schalter. Was bei Steam Punk auch nicht fehlen darf, sind englische Gentlemen, die für Anstand und Kultur stehen. Auch in der Raubstadt London gibt es Recht und Ordnung und die Bewohner der einverleibten Städte werden nicht etwa versklavt oder getötet, sondern sie dürfen ein paar Besitztümer behalten und bekommen in London Unterkunft und Arbeit. Ein lobenswerter Hort von zivilisierten Werten – aber die Lautsprecherdurchsage „Willkommen in London“ bekommt so eine ganz neue Bedeutung :D

Während die Welt insgesamt vor die Hunde zu gehen scheint und für kleine Städte das Überleben durch Handel im Vordergrund steht, bieten Riesenstädte wie London nicht nur eine Form von bürgerlichem Leben, sondern auch Luxus von Kultur (bei entsprechendem Stand). Menschen mit hochtoupierten Frisuren und bunten Kleidern stehen auf den Decks und applaudieren bei erfolgreicher Jagd. Währenddessen beschweren sich die Historiker im Museum über die ständigen Vibrationen durch die Bewegung der Stadt, die die Exponate gefährden. Es ist deutlich sichtbar, dass hier niemand daran zweifelt, dass das Jagen von Schwächeren rechtmäßig ist. „Städte-Darwinismus“ ist der dafür gebräuchliche Begriff, also die natürliche Auslese, durch die eben langsamere Städte den schnelleren Städten unterliegen.

Sand Crawler in Star Wars
Sand Crawler in Star Wars

Die Idee von riesigen, beweglichen Städten fand ich seit Star Wars und den dortigen Sand Crawlern auf dem Wüstenplaneten Tatooine ziemlich faszinierend. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass diese Bilder dem Autoren Reeves als Inspiration gedient haben könnten. Eine ganze Stadt auf mehrere Stockwerke hohen Raupenketten! Die in Star Wars langsam über Dünenkämme rollenden Sand Crawler werden in Moral Engines nun bildhaft von einer atemberaubenden Verfolgungsjagd zweier Städte abgelöst. London walzt alles platt, nimmt der verfolgten kleinen bayerischen Stadt die Sonne und belegt fast den gesamten Horizont. Wahnsinn!

Dabei hinterlässt die Stadt metertiefe Spurrinnen, wie Hester und Tom nach ihrem Abflug selbst bemerken dürfen. Der Mensch verändert also mal wieder die Landschaft und schafft geradezu künstliche Canyons. Auch, wenn ich eigentlich kein so großer Freund von CGI bin, finde ich, dass es hier passt. Denn die Größe und pure Zerstörungskraft Londons in einer weiten Landschaft vor schneebedeckten Bergen kann man schwerlich anders demonstrieren. Und die Effekte und Bilder sind glücklicherweise sehr gut.

Wenn sie auch die physikalischen Gesetze ein wenig ignorieren. Die kleine bayerische Stadt rast umher, nimmt in höchster Schräglage enge Kurven und springt über Stock und Stein, aber der Aufbau sitzt – er verbiegt sich nur ein wenig comichaft. Meiner Meinung nach hätten die Verfolgungsjagden deutlich langsamer vonstatten gehen sollen. Eine Stadt ist schließlich kein D-Zug.

Ein Blick aus der Zukunft

So fremd uns die Welt von Mortal Engines ist, so fremd ist für die Protagonisten die Welt des 21. Jahrhunderts. Die Protagonisten fragen sich, wie die Gesellschaft so dumm sein konnte, mit all ihrem Wissen und ihrem technologischen Stand einen solch verheerenden Krieg zu beginnen. Das gesammelte Wissen des Internets scheint verloren gegangen zu sein (sowas wie ein Internet gibt es auch gar nicht mehr), deswegen rekonstruieren die Historiker die Geschichte der „Alten“ tatsächlich nur aus den Hinterlassenschaften, die ihnen in die Hände fallen.

Und so gibt es im Londoner Museum verschiedene Vitrinen und Abteilungen, die Old Tech ausstellen – z.B. auch Computerbildschirme und zerstörte Smartphones des „Bildschirm-Zeitalters“, aber auch verrostete Toaster. Und zwei metallene Minions, die wohl für „amerikanische Gottheiten“ gehalten werden :D

Das ist übrigens nicht weit hergeholt, sondern war (ist?) lange Zeit echte Praxis in der Archäologie: Wenn man etwas findet, von dem man nicht weiß, was es ist, dann interpretiert man es gern als „kultisch“. Keltische Steinkreise? Natürlich für Rituale gedacht. Irgendwelche kleine Figuren? Natürlich kultisch. Man kann es nicht anders erklären, also muss es mit irgendeinem Götterglauben zusammenhängen.

Die Minions in Mortal Engines haben den 60-Minuten-Krieg und die vielen Jahrhunderte danach wohl unversehrt überstanden. Weil sie so unkaputtbar sind, gehen die Archäologen davon aus, dass die Figuren einen hohen Wert für die „Großen Alten“ hatten. Also natürlich kultisch.

Auch anderes überdauerte die Zeiten. In einer Szene isst Hester Shaw irgendein in Plastik eingeschweißtes Gebäck und gibt Tom davon ab. Der schaut sich erst die Verpackung an und stellt fest, dass sie ein Mindesthaltbarkeitsdatum aufgedruckt hat.

„Das Ding ist seit 1000 Jahren abgelaufen!“ – „Das macht nichts, damals haben sie sich von Nahrung ernährt, die einfach nicht verrottete. Iss.“

Anleihen aus anderen bekannten Filmen

Wie eingangs erwähnt, bedient sich Mortal Engines bekannten Motiven anderer Filme. Wenn es um Postapokalypse und den Kampf um Ressourcen geht, dann kommt man kaum an den Mad Max-Filmen vorbei. Dort leben zottelige Menschen in abgerissenen Lederkostümen in Festungen zusammen und heizen mit merkwürdig zusammengebastelten Autos und Motorrädern durch die Wüste, auf der Suche nach Wasser und Sprit. Überfälle auf andere Festungen natürlich inklusive. In Mortal Engines bewegen sich eben die ganzen Festungen :D

Aber ich musste auch an Waterworld mit Kevin Costner denken. Ein grandioser Film, in dem die Welt durch irgendein apokalyptisches Ereignis von Wasser bedeckt wurde und die Überlebenden mit Erde und Überresten aus vergangenen Zeiten, z.B. auch Papier, Handel treiben. Und der Obermacker auf seinem riesigen Öltanker verbreitet durch das Kapern kleinerer Schiffe und Handelsposten Furcht und Schrecken. Passt, oder?

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Auch an Matrix kommt Mortal Engines offenbar nicht vorbei. Als auf einem Markt plötzlich eine schicke Asiatin mit dunkler Sonnenbrille und engem roten Mantel auftaucht und dann, ohne dass sich auch nur ein Strähnchen aus ihrer Haartolle löst, mit ihren Kampfkünsten den halben Laden zerlegt, gibt es eigentlich keinen Zweifel, woher die Inspiration stammt. Die Beschreibung meine ich nicht negativ.

Mortal Engines lebt von den Kontrasten seiner Welt. Pompöse Städte auf Rädern in einer Landschaft, in der es sonst nichts gibt, Gentlemen sind gleichzeitig auch Piraten, Gewalt und Kultur – all das liegt eng beisammen. Man sollte sich also nicht darüber wundern, dass unter lauter ungewaschenen und krank aussehenden Händlern plötzlich eine elegante „Trinity“ auftaucht.

Weitere kleine, aber doch relativ offensichtliche Anleihen gibt es mit einem schlurfenden, unerbittlich jagenden Killer-Roboter – Stichwort Lazarus-Brigade – wie in Terminator und mit einer riesigen Mauer, hinter der sich die friedlichen restlichen Menschen der Welt verschanzen – hier muss man sofort an Helms Klamm aus Der Herr der Ringe denken. Liegt auch nicht so fern, schließlich ist Peter Jackson, Regisseur von Herr der Ringe und Der Hobbit, Produzent von Mortal Engines und beteiligte sich außerdem am Drehbuch.

Ganz besonders fiel aber auch Star Wars als Vorbild auf. Nicht nur wegen der rollenden Städte, sondern es scheinen ganze Szenen aus dem Kult-Sternenmärchen entliehen zu sein. Auf seine Weise wirkt London in Mortal Engine wie der Todesstern in Star Wars. Ich will hier natürlich nicht spoilern, aber insbesondere im letzten Teil des Films gibt es ganze Star-Wars-Raumkämpfe in Steampunk-Setting. Von einem Darth Vader und in den Wolken schwebenden Städten mal abgesehen :D

„Ingenieure – die denken, die hätten hier die Macht!“ – „Die wissen gar nicht, womit sie spielen“

Was dabei heraus kommt, ist zwar flach, aber sehenswert. Die Vorstellung dieser riesigen rollenden Städte in einer postapokalyptischen Welt ist irgendwie faszinierend.

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Mein Fazit zu Mortal Engines

Von was genau ernähren sich die Bewohner von London? Es gibt keine Landwirtschaft und es sieht auch nicht nach Nutztierhaltung aus. Und hier und da mal ein paar arme Bergbaustädtchen können wohl eher nicht den Bedarf der Bevölkerung Londons decken (und den der aufgenommenen Bergbaustädter). Wie können sich solche Städte so schnell bewegen?

Für Mortal Engines solltest du deinen Logik-o-Meter besser abschalten. Hunderte Meter hohe Städte, die sich in einem Affenzahn wilde Verfolgungsjagden leisten? Aber lassen wir das mal beiseite und verzichten auf weitere Grübeleien zum Hintergrund. Außerdem wäre Toleranz gegenüber einer relativ vorhersehbaren Entwicklung sowie ziemlich vielen CGI-Szenen nicht schlecht.

Mortal Engines hat das Rad nicht neu erfunden, sondern stützt sich auf tausendfach bekannte Standardhandlungsbögen und greift ziemlich ungeniert bei Mustern anderer Filme zu und setzt alles pompös computergeneriert in Szene.

Mir hat der Film aber trotzdem gut gefallen, denn der Zuschauer sieht eine völlig anderes Szenario, das es so noch nicht gab. Die Welt hat mich neugierig gemacht und ich würde gerne mehr darüber erfahren. Ich denke, hier gäbe es noch viel zu erzählen (okay, dafür gibt es ja die Bücher :D). Von daher eigentlich schade, dass Moral Engines scheinbar grandios gefloppt ist. Das hat der Film nicht verdient, finde ich.

Übrigens: Wer die Google-Bildersuche nutzt, der findet zu Mortal Engines auch einige schöne Artworks, die natürlich älter sind als der Film und damit auch etwas andere Vorstellungen von den Raubstädten zeigen.

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