Hannibal Lecter ist einer der bekanntesten fiktiven Psychopathen. Er war selbst bis zu seiner Verhaftung wegen Mordes an neun Menschen praktizierender Psychiater und verfügt über große Intelligenz. Daher kann er vielleicht bei der Aufklärung an einer Mordserie helfen. Eine junge FBI-Agentin soll ihn befragen.
Seitenzahl: 382
Erstausgabe: 1990
Sonstiges: Verfilmt
Review online seit:~2002-2006, 9.04.2012
Das Schweigen der Lämmer: Handlung
Die junge FBI-Agentin in Ausbildung Clarice Starling bekommt von ihrem Vorgesetzten eine Sonderaufgabe: Sie soll den inhaftierten Dr. Hannibal Lecter zur Mitarbeit an einer Mordserie bewegen. Der „Buffalo Bill“ genannte Täter entführt Frauen, tötet sie und zieht ihnen die Haut ab. Dr. Lecter gilt wegen verschiedener, bestialischer Morde selbst als Monster – doch wer kann einen gesuchten Psychopathen besser verstehen, als ein Psychopath, der zuvor Psychiater war?
Dr. Lecter sitzt in einem Hochsicherheitsgefängnis ein, weil er auch während seiner Haft gezeigt hat, dass er unberechenbar und gefährlich ist. Zudem gilt er als schwierig – er redet nicht mit jedem. Dennoch spricht er mit Starling und gibt ihr einige wertvolle Hinweise. Zudem scheint er den gesuchten Buffalo Bill bereits zu kennen. Doch wie bewegt man jemanden zur Mithilfe, den man nicht viel anbieten kann?
Außerdem wird die Zeit knapp – denn gerade jetzt hat Buffalo Bill eine weitere junge Frau entführt. Jeder weiß: Wenn man ihn nicht rechtzeitig findet, wird auch diese Frau sterben.
Das Schweigen der Lämmer: Rezension
Thomas Harris schreibt dieses Buch sehr spannend. Es wird zu keinem Zeitpunkt langweilig – es wirkt aber auch nicht übertrieben.
Charaktere
Haris entwickelt die Geschichte zum großen Teil aus der Sicht von Clarice Starling. Starling ist eine kompetente und ehrgeizige, aber unerfahrene Agentin in Ausbildung. Sie muss während ihres Auftrags mehrere Widrigkeiten überwinden: zum Einen ist sie eine Frau und erfährt immer wieder sexistische Sprüche, durch die ihre Autorität gemindert werden, und zum anderen nimmt man sie häufig nicht ganz ernst, weil sie noch keine „richtige“ Agentin ist. Dennoch lässt sie sich nicht aus der Ruhe bringen.
Weitere Passagen beleuchten die Geschichte aus der Sicht des aktuellen Opfers, Catherine Baker Martin, und ihren Kampf ums Überleben. Auch Buffalo Bill bekommt Raum und wir werfen einen Blick auf eine seltsame Persönlichkeit, die völlig verstört ist und kaum zu merken scheint, dass sie Böses tut. Glücklicherweise können wir aber auch keine Sympathien für ihn empfinden. Nicht zuletz erhaschen wir auch einen Blick auf Hannibal Lecters Innenleben.
Mit Hannibal Lecter ist es tatsächlich eine sehr merkwürdige Dynamik: Er ist Akademiker, der Fachartikel zur Psychologie veröffentlicht, auch aus dem Gefängnis heraus. Da das FBI etwas von ihm will, behandelt man ihn mit Respekt und Demut. Dennoch – auch der Leser bekommt immer wieder vorgehalten, was für bestialische Taten er bereits begangen hat. Er analysiert dabei ruhig die grauenhaften Taten von Buffalo Bill – ganz im Wissen, dass er selbst bereits grauenhafte Taten begangen hat. Man bekommt den Eindruck, dass Dr. Lecter zwei völlig unterschiedliche Charakterzüge hat.
Schreibstil
Das Schweigen der Lämmer ist ein Thriller und baut zielstrebig einen Spannungsbogen auf. Es gibt keine großen Nebenschauplätze – Harris arbeitet stets auf das Ziel hin. Vor allem bei den Gesprächen mit Dr. Lecter scheint die Zeit jedoch ein wenig stillzustehen. Dr. Lecter ist überaus intelligent, ein höflicher Akademiker, der gehobene Konversation betreibt. Hier eröffnet Harris immer wieder kleine, interessante Blicke in die Psychologie – und man kann tatsächlich einiges lernen.
Ansonsten ist das Buch im Großen und Ganzen unverschnörkelt, ohne besonders gefeilte Redewendungen oder sehr persönliche Passagen. Ist aber auch nicht nötig – Das Schweigen der Lämmer zieht den Leser schnell in seinen Bann.
Das Schweigen der Lämmer: Wertung
Spannendes Buch für zwei-drei Lesenachmittage!
Starling möchte erstmals mit Dr. Lecter sprechen und wird zuvor in das Büro des Gefängnisdirektors gebeten. S. 14.
„Wir hatten schon eine Menge Polizisten hier“, sagte Chilton, ohne aufzustehen, „aber ich kann mich nicht an einen so attraktiven erinnern.“
Ohne überlegen zu müssen, wusste Starling, dass der fettige Glanz auf seiner ausgestreckten Hand von Lanolin herrührte, weil er sich ständig über die Haare strich, Sie ließ sie los, bevor er das tat.
„Es ist doch Miss Sterling, oder nicht?“
„Starling, Herr Doktor, mit einem a. Danke, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben.“
„Jetzt greift also auch das FBI schon auf Mädchen zurück, wie überall sonst, ha, ha.“ Er schob das Tabakgrinsen nach, mit dem er seine Sätze voneinander trennte.
„Das FBI macht Fortschritte, Dr. Chilton. Auf jeden Fall.“
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